Edge 540 – Heiß, schnell und wendig

Red Bull verleiht Flügel. Um das zu belegen, lässt der österreichische Energy-Drink-Hersteller nichts aus. Die geilsten und spektakulärsten Aktionen sind wohl die Red Bull Air Races, die sehr publikumswirksam teils in den Innenstädten von bedeutenden Metropolen auf der ganzen Welt stattfinden. Ob nun in New York vor der Freiheitsstatue oder mitten in Budapest über der Donau – wer hier fliegt, ist nicht nur Pilot, sondern ein echter Held mit Hang zum Draufgängertum. Denn wenn die übermotorisierten Kisten mit Vollgas zwischen den Pylonen durchheizen, kann eine falsche Reaktion dem Piloten das Leben kosten.Die Modellflieger sind da natürlich anders – sie stehen sicher am Boden. Zumindest was die direkte Gefährdung angeht, denn der Flair und der Nervenkitzel kommt auch im Kleinen auf. Genau das griff auch Kyosho mit der neuen Red Bull Air Race-Reihe auf. Diese beginnt mit der kleinen 385 Millimeter spannenden Minium, geht über die Edge 540 aus EPP mit 1.215 Millimeter Spannweite bis hin zur großen Edge 540, die komplett aus Holz erstellt und mit bedruckter Folie bespannt beim designierten Airracer ankommt. Das fertig gebaute Modell mit 1.400 Millimeter Spannweite und einem Fluggewicht von 2.450 Gramm stellt das Topmodell dieser Reihe dar. Clubrace Wenn Red Bull Air Race drauf steht, ist auch Red Bull Air Race drin. Mit der neuen SQS EP Edge 540 Red Bull kann sich jeder wie Kirby Chambliss fühlen und spannende Rennen im Verein organisieren. Denn schnell und wendig ist das Gerät, soviel schon mal vorweg. Doch erst mal zu den inneren Werten. Die Edge besteht bis auf die lackierte GFK-Haube und das Aluminium-Fahrwerk aus Holz. Der Rumpf ist in Balsa-Sperrholz-Gemischbauweise erstellt. Die Seitenwände um die Flächenaufnahme und die Spanten bestehen aus gelasertem, dreifach verleimtem Holz. Dieses stabile, doch etwas schwerere Baumaterial wurde genau dort eingesetzt, wo tatsächlich auch mehr Belastbarkeit gefragt ist. Das Rumpfheck und die Leitwerke sind aus Balsaleisten erstellt. Die Hölzer sind optimal miteinander kombiniert, so ergibt sich eine steife und stabile Konstruktion, die auch gewichtstechnisch leicht ist. Die Kabinenhaube ist ebenfalls bereits fertig mit allen Befestigungs-Elementen versehen. Im vorderen Bereich mit Buchendübeln fixiert, übernehmen seitlich durch die Rumpfseitenwand führende M3-Schrauben, die in Laschen der Haube greifen, die Befestigung. Nicht unerwähnt soll hier auf alle Fälle die hervorragende Lackierung bleiben. Die klare Haube ist in Silber eingefasst und der Cockpit-Innen­raum bekam einen Anstrich in dezentem Grau. Bei der Motorhaube und den Radschuhen saß ein Lackier­meister am Werk. Hier sind hochglänzende und sehr detaillierte Lackierung zu sehen. Billige Abziehbildchen sucht man vergebens. Übrigens ist auch die farbige Gestaltung der Bügelfolie sehr hochwertig, denn der Red Bull-Schriftzug und das Logo sind nicht aufgeklebt, sondern auf die blau/­silberne Folie aufgedruckt und zeigen bis dato noch keine Kratzer. Race-fähig Die Tragflächen sind in konventioneller Bauweise aus Holz erstellt. Die ausgesparten Rippen bekamen im Nasen­leistenbereich bis zum Holm und an der Flächeninnenseite mit 1,5-Millimeter-Balsaholz eine Beplankung. Der Holm besteht aus Sperrholz und nimmt im Wurzelrippenbereich großzügig das GFK-Rohr auf, das zur Flächensteckung dient. Das Steckungsrohr selbst ist aus Aluminium und sehr robust. Stabil sind auch die Querruder, denn die Vollbalsa-Dreikantleisten sollten sich weder verwinden noch verbiegen. Trotzdem haben es die Konstrukteure geschafft, die Flächenhälfte mit knapp über 200 Gramm noch sehr leicht hinzubekommen. Auf der anderen Seite wird das Tragwerk wohl allen Gemeinheiten, die der Pilot sich während des Flugs ausdenkt, widerstehen können. Der Motordom besteht komplett aus Sperrholz und macht einen stabilen Eindruck. Der Brushless-Außenläufer selbst findet auf dem mitgelieferten Aluminium-Träger Halt. Dieses blau eloxierte Bauteil kann sogar noch in der Länge verstellt werden, um verschiedene Motoren einsetzen zu können. Und da wären wir auch schon bei der RC-Aus­rüstung. In unserem Modell sorgt ein AL50-480M für den Vortrieb. Dieser Treibling dreht sich, wie die Bezeichnung vermuten lässt, pro Volt 480 mal in der Minute im Leer­lauf. Bei Verwendung eines fünfzelligen LiPos ergibt dies rein theoretisch eine Vollgas-Leerlaufdrehzahl unter Last von zirka 7.000 bis 8.000 Umdrehungen in der Minute. So können Luftschrauben mit dem Maß 14 x 8 Zoll noch in einem guten Wirkungsgrad betrieben werden. Die andere auf der Website vorgeschlagene Antriebsvariante mit einem AL50-610M an einer 13 x 6-Zoll-Luftschraube stellt mindestens genauso viel Power zur Verfügung, doch eignet sich dieser Antrieb eher für dynamisch geflogene Figuren. Stehende Power-Tricks wie die Torquerolle gelingen aufgrund abreißender Strömung an der etwas kleineren Latte nicht so einfach. Als Stromquelle erster Wahl kommt, wie bereits erwähnt, ein 5s-LiPo mit 3.600 bis 4.000 Milliamperestunden Kapa­zität zum Einsatz. Damit sollten Flüge von 7 bis 10 Minuten locker möglich sein. Geregelt wird das Ganze von einem Hype Alpha Control Pro 80 A, der wie der Name schon sagt, mit 80 Ampere belastbar ist. Zudem stellt er 3 Ampere BEC zur Verfügung. Für knackige, exakte und sehr schnelle Steuermanöver sorgen vier Team Orion Digital VDS 1007. Diese sind bei 6 Volt mit 10 Kilogramm Stellkraft und einer Stellgeschwindigkeit von 0,07 Sekunden auf 60 Grad Ausschlag angegeben. Mit diesen Hochleistungsservos sind selbst steuerintensive und reaktionsschnelle Figuren wie ein Rollenlooping fliegbar, ohne dass sich das Modell raus dreht, weil die Servos langsamer auslenken als der Pilot steuert. Das ist übrigens oft ein Grund, weshalb viele mit solchen 3D-Moves Schwierigkeiten haben. Tooltime Viel zu Bauen gibt es bei der SQS EP Edge 540 Red Bull Chambliss von Kyosho nicht. Allem voran sind noch die Ruder mit den bereits eingelegten Folienscharnieren anzuschlagen und anschließend die Leitwerke einzupassen. Das Komplizierteste an der Sache dürfte noch die Anlenkung der Höhenruder sein, die von einem Buchenrundstab ausgehend mit einem V-Gestänge, das links und rechts aus dem Rumpf tritt, die einzelnen Höhenruder-Blätter ansteuert. Altbewährt ist hier wohl der treffende Begriff. Das Seiten­ruder bringt eine Seilzuganlenkung in Stellung. Ebenso altbewährt, jedoch immer noch up to date. Der Rest ist schnell erledigt: Motor und Fahrwerk dran, Verlängerungskabel an den Querruder-Servos anlöten beziehungsweise einfach fertig konfektionierte Verlängerungskabel anstecken, die Motor­haube anpassen und den Regler an den Motor löten – fertig. Trotz alledem sollte man sich für die komplette Montage zwei Abende Zeit nehmen. Zu schaffen wäre der Bau aber auch an einem. Hat man sich für den Außenläufer AL50-480M entschieden, kann man immer noch zwischen einer 13 x 10 für dynamischen Flug und der erwähnten 14 x 8 Luft­schraube für Powerfiguren wählen. Fertig aufgerüstet wiegt das Modell knapp über 2.400 Gramm und liegt damit im guten Mittel im Vergleich zu ähnlichen Mo­­dellen dieser Größe. Fertig aufgebaut macht das Modell optisch einen sehr schnittigen Eindruck. Die bullige Mo­­tor­haube passt perfekt und fügt sich mit der Lackierung bestens in das Gesamtbild ein. Einzig ein passender Spinner fehlt noch, dann wäre das Modell perfekt. Legt man den Flugakku auf das für ihn vorgesehene Brettchen, stimmt der Schwerpunkt auf Anhieb. So soll’s sein. Startschuss Doch so schnittig das Modell auch stehend wirkt, es muss auch in die Luft. Der Start verläuft durch das lenk­­bare Spornfahrwerk völlig unproblematisch. Einfach nur Gasgeben genügt schon auf einer Hartbelagpiste. Startet man auf Gras, möchte das Modell auf den ersten Metern mit leicht gezogenem Höhenruder daran gehindert werden, mit der Luftschraube den Boden zu berühren. Schiebt man den Gasknüppel langsam nach vorn, spurtet die Edge kraftvoll los. Der Vortrieb, den der AL50 entwickelt, ist beachtlich. Die Spur lässt sich bis zum Takeoff sehr prä­zise mit dem Seitenruder halten. Den Boden unter den Rädern verloren, ist nach zwei Klicks mit der Trimmung auf Links und Tiefenruder der Einflugvorgang abgeschlossen. Hält man sich an die Ruder­wege der Bauan­leitung, ist noch nicht einmal eine Expo-Mischung nötig. Der erste Eindruck: Direkt, doch nicht zappelig. Das schafft Vertrauen. Noch immer mit Dreiviertelgas unterwegs, gelingt die erste Rolle, alleine durch Querrudereinsatz, wie an der Schnur gezogen. Nach zwei schnellen Rollen hintereinander neigt sich die Nase der Edge leicht nach unten, genau so soll es sein. Dann auf zum Rollenkreis: Hierbei ist wenig Ausschlag nötig, mit etwas Vorauseilung mit dem Steuerknüppel könnte man fast meinen, Kirby Chambliss sitzt selbst im Modell und steuert mit. Das lässt auf ein ganz passables Messerflug-Verhalten schließen. Und siehe da, Vollgas und -ausschlag sind nicht nötig, damit die Edge 540 die Höhe hält. Auch sind größere Korrekturen nicht notwendig. Erst wenn man das Modell in der Messerfluglage zu langsam macht, muss mit kräftig Höhen- und Quer­ruder gegengesteuert werden. Klar, ein klassischer Strömungsabriss – nur eben am Rumpf. Ein normaler Strömungsabriss ist kaum provozierbar. Fliegt man die Edge 540 zu langsam, beginnt sie zwar mit den Flächen zu wackeln, kippt jedoch nicht ab. Das vermittelt zunächst ein etwas unsicheres Gefühl, das sich aber schnell legt, steuert man aktiv gegen die Be­­we­gungen an. Denn selbst im überzogensten Flugzustand, dem Harrier, ist das Modell immer noch sauber steuerbar. Zwei Gasstöße und ein voll gezogenes Höhenruder wuchten die Maschine in die Senkrechte. Die Torquerolle ge­­lingt einfach. Hier macht sich das gute Messer­flugverhalten positiv bemerkbar, denn ein seit­­liches Abkippen kann man bestens mit dem Seitenruder abfangen. Feuer frei Dass Loopings und Turns gelingen, versteht sich bei dieser Maschine von selbst. Verwendet man hochwertige Servos, wie zum Beispiel die eingesetzten Team Orion Digital VDS 1007, sind auch sehr präzise Kunstflugmanöver möglich. Gerade einfach gehaltene Figuren, wie zum Beispiel ein doppelter Immelmann, verlangen nach einem sauberen Geradeausflug. Stellen hier die Ruder­maschinen nicht exakt, ist der Wellenflug vorprogrammiert. Verlässt man die Pfade des klassischen Kunstflugs und gibt der Edge die Sporen, brennt die Luft. Gerissene Figuren mit Vollgas erzeugen ungeahnte Flugzustände. Ver­­größert man die Ausschläge des Höhenruders, sind sogar Flips möglich. Hierzu hängt man das Modell in ausreichender Sicherheitshöhe an die Latte und stößt das Heck mit Vollausschlag und Gas in eine beliebige Richtung. Stimmt das Timing, lassen sich sogar mehrere Überschläge nacheinander absolvieren. Nach sieben Minuten Spaß zeigt der Akku durch nachlassenden Druck, dass die Landung langsam eingeleitet werden sollte. Hier trat leider der einzige Kritikpunkt des Modells zu Tage: Die Fahr­­werks-Befestigung. Denn trotz sanften Aufsetzens knickten die Bügel nach hinten weg. Nach genauerer Begutachtung konnte man er­­kennen, dass die Flanken des Fahrwerksbrettchens nicht verklebt waren. Vermutlich ein Einzelfall. Nach der vollflächigen Verklebung hielt das Bauteil bislang auch ungeschickteren Landungen stand. Da weder Regler noch Motor selbst nach Kraft­figuren wie einem Rückenharrier besonders warm werden, geht es nach dem Landen sofort weiter: Akku rein und Vollgas. Bilanz Fortgeschrittene und Knüppelmeister aufgepasst, denn mit der großen SQS EP Edge 540 Red Bull Chambliss hat Kyosho genau das richtige Modell zum Austoben am Start. Ganz gleich ob klassischer Kunstflug oder wildes 3D-Rumgezappel, die Maschine macht alles mit. Befeuert ein AL50-480M das Modell, ist Leistung plötzlich Nebensache, da einfach vorhanden. Das exakte Flugverhalten gepaart mit dem unkritischen Handling am Boden wie in der Luft machen die Red Bull-Edge zum regelmäßigen Begleiter zum Modellflugplatz.