Edge 540 T von Staufenbiel

Neben den funktionalen Aspekten spielt das optische Erscheinungsbild bei der Auswahl eines ARF-Kunstflug-Modells eine entscheidende Rolle. Im reichhaltigen Angebot von Staufenbiel zieht das frische Design der Edge 540 den Blick auf sich. Die gelben und grünen Farbtöne wecken Assoziationen zur warmen Jahreszeit. Aufgepeppt mit einer blauen Applikation und einem pfiffigen Schwung entsteht eine reizvolle Optik, die den Mauszeiger förmlich auf den Button „in den Warenkorb“ zieht und den Zeigefinger zu einem Klick verführt. Der vom Paketboten angelieferte Karton wird gespannt geöffnet. Sofort fällt auf, dass nicht das im Angebot abgebildete Modell der einsitzigen Edge 540, sondern eine Edge 540 T mit der längeren Kabinenhaube im Kasten liegt. Im Übrigen entspricht der Inhalt aber den Erwartungen und wird direkt näher untersucht. Holme und Leisten Was sich unter dem blasenfrei aufgebrachten Folienkleid verbirgt, lässt sich stellenweise am ehesten mit einem Hauch von Nichts beschreiben. Die lasergeschnittenen Holzelemente weisen überall gewichtsmindernde Aus­sparungen auf und sind sauber miteinander verklebt. Während die Konstruktion für alle erdenklichen Flug­manöver eine ausreichende Stabilität aufweist, könnten übermäßige Belastungen beim Transport im unteren Rumpfbereich schnell zum Bruch der am unteren Limit dimensionierten Balsaleisten führen. In diesem Bereich fällt besonders die schwach ausgelegte Verankerung der Fahrwerksaufnahme auf. Die schmale Trägerplatte für das starre Kohlefaser-Hauptfahrwerk ist zwar mit zwei Spanten verzapft, doch für den Einsatz in rauem Gelände, zu dem wegen der kleinen Räder beinahe jede Rasenpiste zählt, reicht das definitiv nicht aus. Eine zusätzliche Verstärkung erscheint dringend empfehlenswert und besteht in einem ersten Schritt aus zwei 3 × 10 Millimeter (mm) starken Kieferleisten, die hinter dem Fahrwerksspant auf die Rumpfgurte geklebt werden. Die beiliegende, englisch gefasste Montageanleitung lässt viele Fragen offen und kann bestenfalls als sporadische Stichpunktliste gewertet werden. Allein die Baustufenfotos stammen von mindestens drei völlig unterschiedlichen Modellen, wobei auch einige für die Edge 540 überflüssige oder irreführende Arbeitsschritte dargestellt sind. An anderen Stellen fehlen wichtige Hinweise, die für einen erfolgreichen Aufbau notwendig wären. Step by step Die anstehenden Arbeiten an den Tragflächen sind Routine und damit schnell erledigt. Allerdings werden die beiliegenden Ruderhörner nicht verwendet, da ihre Lochachse weit neben der Drehachse der für die großen 3D-Ausschläge stark angeschrägten Ruderblätter verläuft. Für die Arbeiten am Rumpf ist etwas mehr Zeit einzuplanen. Voreiliges Handeln kann an einigen Stellen Probleme verursachen. So passt der Schlitz in der Rumpfseitenwand exakt zur Tiefe der Höhenruderdämpfungsfläche und bietet keinen Raum für den Stahlbügel zur Verbindung der beiden Höhenruderblätter. Ein passender Ausschnitt wird mit der Rundfeile erstellt. Vor der Verklebung der Dämpfungs­flächen muss die Folie an den Klebestellen vorzugsweise mit einem Lötkolben entfernt und das Modell exakt vermessen werden. Die Anweisung hierzu findet sich allerdings nur in der auf Mini-CD beiliegenden, elektronischen Version der Anleitung. Ans Eingemachte Eine genaue Modellvermessung ergibt kleine Toleranzen in den Kontrollmaßen, die eine eindeutige Ausrichtung der Leitwerke erschweren. Letztlich wird eine Kompromiss­lösung eingestellt und alles endgültig fixiert. Vor dem Griff zum Sekundenkleber muss auf jeden Fall der in der An­­leitung nicht erwähnte Stahlbügel an seinem Platz liegen. Beim anschließenden Anbringen der großen Höhen­ruderblätter ist unbedingt auf einen parallelen Sitz zu achten, da eine nachträgliche Korrektur kaum möglich ist. Mit der Montage des Seitenleitwerks und der doppelseitigen Seilanlenkung des Seitenruders wären die Arbeiten am Heck abgeschlossen, wenn die Anleitung Informa­tionen zur Installation des lenkbaren Spornrads enthielte. Zur Schonung des Servogetriebes fällt die Entscheidung zugunsten einer gedämpften Variante aus. Die Drehachse des Spornrads sitzt hierbei im Rumpf. Die Anlenkung übernimmt ein kurzer Draht, der von einem im Ruderblatt eingelassenen Kugelkopf geführt wird. Das Hauptfahrwerk ist schnell montiert, doch die Be­­festigung der Radschuhe eröffnet das nächste Rätsel. Hier erscheint die Anfertigung schmaler Holzschienen eine Möglichkeit zur Fixierung zu sein. Sie werden ­unterhalb der Radachsen eingesetzt und pressen die Puschen, von einer Schraube gesichert, gegen das Kohlefaser-Fahrwerksbein. Der Motorträger greift mit sechs Zungen in den stabilen Motorspant und lässt sich stramm einsetzen. Für die Montage des beiliegenden Dymond AL3548 müssen zwei der symmetrisch eingebrachten Befestigungslöcher im Motorspant versetzt werden. Als Bohrschablone und Lochrandverstärker dient das zum Motor ge­­hörende Befestigungskreuz. Die Anpassung der sauber lackierten GFK-Cowling erfordert in Bezug auf die Positionierung der vier Befesti­gungs­schrauben Maßarbeit. Die extrem ausgesparten Verstär­kungen der Rumpfseitenwand lassen kaum Freiraum, sodass zuerst die rumpfseitigen Löcher gebohrt werden sollten. Ihre exakte Position muss dann auf die Haube übertragen werden. Hierfür werden feine Hilfslinien mit einem permanenten Fineliner auf die Rumpfseitenwand aufgebracht, die sich später mit ein wenig Methanol rückstandslos wieder entfernen lassen. Bewegung Die großen Ruderblätter erfordern eine präzise Ansteu­erung, weshalb der Einsatz qualitativ hochwertiger Servos sowie absolut spielfreier Gestänge unabdingbar ist. Dabei sollten die Servos über Kugellager und Metall­getriebe ­verfügen sowie High-End-Leistungsdaten bieten. Bei den angegebenen Ruderausschlägen handelt es sich offenbar um die 3D-Dimensionen, die für den Erstflug besser nicht eingestellt werden sollten. Erfahrungswerte mit einer anderen Edge 540 lassen besonders am Höhen­ruder Maximalausschläge von ±20 mm, gemessen an der größten Rudertiefe, sowie eine Schwerpunktlage bei gut 75 mm hinter der Flügelvorderkante ratsam erscheinen. Das Abfluggewicht liegt bei Verwendung eines recht ­kleinen Akkus mit 1.800 Milliamperestunden Kapazität bei 1.325 Gramm (g). Die mit 40 mm Durchmesser recht kleinen Räder erfordern besonders für die Landung eine qualitativ hochwertige Piste. Rasen scheidet hier prinzipiell aus, außer er ist völlig ausgedörrt und der Boden hart wie Beton. Genau diese Verhältnisse stellten sich nach etlichen Tagen sengender Hitze ein und führten zu Flügen bei 38 Grad Celsius im Schatten. Dass die Folie unter diesen Bedingungen die eine oder andere Falte wirft, erscheint kein erwähnens­werter Mangel. Die Edge 540 wird in Startposition gebracht, sanft be­schleunigt und hebt nach wenigen Meter Rollstrecke sauber ab. Die linksorientierte Tendenz war nach der Auswertung der ausgiebigen Modellvermessung vorherzusehen, kann aber mit deutlich weniger Gegentrimm als erwartet behoben werden. Die saubere Austrimmung des Höhenruders erfordert Feingefühl, denn das Modell reagiert auf kleine Veränderungen der Neutralstellung deutlich. Dann brilliert die Edge selbst mit den kleinen Aus­schlägen durch eine agile Performance. Kunstflugfiguren lassen sich bei Bedarf zackig fliegen und auch exakt beenden. Das in senkrechten Abwärtspassagen und in Rückenlage neutrale Flugverhalten deutet auf eine gut passende Schwer­­punktlage hin. Lediglich der Durchzug des Antriebs lässt in Steigflugpassagen erstaunlicherweise ein wenig zu wünschen übrig. Die abschließende Landung gestaltet sich absolut unproblematisch, wozu der brettharte Boden seinen Teil beiträgt. Während der nächsten Flüge wird mit den Ruderaus­schlägen und der Luftschraube noch ein wenig experimentiert, bis sich eine für den individuellen Flugstil optimale Einstellung ergibt. Das Steigverhalten lässt sich allein durch Einsatz eines 13-Zoll-Propellers mit 6,5 Zoll Steigung deutlich verbessern, wobei der Strombedarf dann schon über 30 Ampere ansteigt. Die weiteren Einsätze machen deutlich, dass für einen Betrieb auf normalen Rasenpisten die Fahrwerksaufnahme weiter verstärkt ­werden muss und der Verzicht auf die Radschuhe sowie der Einsatz größerer Räder nötig wird. Bilanz Frisch, fromm, fröhlich, frei. Dieser Wahlspruch der Turner drängt sich für die Beschrei­bung der Edge 540 T von Staufenbiel nahezu auf. Frisch wirkt das in sommerlichen Tönen gestaltete, adrette Folienkleid. Fromm, ja sogar lammfromm sind die Flugeigenschaften, aber natürlich nicht anfängertauglich. Allein der filigrane Aufbau verlangt nach konstant sauberen Landungen. Fröhlich kann man sich mit ihr nach Herzenslust austoben, denn das präzise Steuerverhalten lässt im Kunstflug keine Wünsche offen. Frei lässt sich das Leistungspensum im 3D-Einsatz ausreizen. Alles in allem ein Modell, das geradezu zum Herumturnen einlädt und durch die erzielbare Performance zu begeistern vermag.