Im Eigenbau: Die Savoia Marchetti SM-77

Irgendwann bin ich beim Durchstöbern von Wasserflugzeugseiten im Internet auf die Doppelrumpf-­Flugboote Savoia Marchetti SM-55 und SM-66 gestoßen. „Interessant, weil ungewöhnlich“ war meine ­damalige Meinung zu diesen Mustern. Da ich aber am liebsten Wasserakrobatik auf der Stufe betreibe und das Doppelrumpfkonzept „nur“ eine Mischung aus Flugboot und Schwimmerflugzeug ist, führte dieses ­Vorbild ein „Schläferdasein“ in meinem Hinterkopf. Erst als ich auf der Suche nach einem großen Flugboot für Kamera- und Nachtflug war, kam mir dieses Konzept wieder in den Sinn. Das ungewöhnliche Aussehen versprach einerseits ein paar Vorteile beim vorgesehenen Einsatzzweck, andererseits entsprechende Herausforderungen bei Konstruktion und Bau. Außerdem konnte ich mich schon nach kurzem Hinsehen den besonderen optischen Reizen nicht mehr entziehen. Vorplanungen Als Vorbild wählte ich zunächst die SM-66 aus, die aufgrund der größeren Spannweite deutlich zahmer unterwegs sein sollte als die SM-55. Von Anfang an war klar, dass der EPP-Abkömmling allenfalls Freizeit-Scale werden sollte – ein Tribut an die begrenzten Formgebungsmöglichkeiten beim Heißdrahtschneiden. Die Suche nach brauchbaren Zeichnungen und Bildern im Internet gestaltete sich überraschend schwierig. Um nicht allzu große Schwerpunktprobleme zu bekommen, wurde beschlossen, die Druckantriebe des Vorbilds in Zugantriebe abzuändern. Prompt erhielt ich ein (wenn auch schlechtes) Foto von der SM-77, die im Original drei Zugantriebe hatte. Da ich keinerlei sonstige Fotos finden konnte, war dies das perfekte Original für den Nachbau – je weniger über das Original bekannt ist, desto mehr Raum bleibt für zweckorientierte Interpretationen. Rümpfe und Leitwerke wurden in ihren Proportionen den vorhandenen Unterlagen entnommen, die Flügelspannweite wurde geschätzt. Dafür sollten die Rümpfe echte ausgeschnittene Fensteröffnungen erhalten, um das Licht der geplanten Innenbeleuchtung nach außen dringen zu lassen. Wenn schon Licht, dann bitte auch gleich Positionsleuchten, Landescheinwerfer und die typischen Antikollisionsblitze. Ja, dieses Modell sollte strahlen und blinken. Das Doppelrumpfkonzept erschien aber auch optimal zur Aufnahme einer (natürlich wasserdichten) Kamera. Eine Positionierung zwischen den beiden Rümpfen, knapp über der Wasseroberfläche, sollte interessante Perspektiven bringen. Damit waren die Anforderungen definiert und die Konstruktion konnte beginnen. Transportfreundlich Als Größe wählte ich ähnlich transportfreundliche Maße wie bei meiner redaq 2m, nämlich 2.400 Millimeter (mm) Spannweite bei einer Rumpflänge von 1.250 mm und einer Leitwerksbreite von 650 mm. So müssen zum Transport nur die Außenflügel abgenommen werden, was kurze Rüstzeiten am Weiher garantiert. Die Rümpfe wurden horizontal dreigeteilt. Das begünstigt die geplante Farbeinteilung mit dunklem Unterschiff, hellem Hauptrumpf und farblich abgesetztem sowie dem Flügel angeglichenem Rumpfdeckel. Der Rumpfdeckel ist natürlich auch erforderlich, um die technischen Einbauten und Verkabelungen abzudecken. Zunächst war vorgesehen, den Hauptrumpf etwas schmaler zu schneiden als Boden und Deckel und mit entsprechenden Einschnitten für die Fenster zu versehen. Eine dünne EPP-Schicht sollte dann von außen die Schnittzuführungen abdecken. Nachteile bei dieser Lösung wären die verminderte Stabilität der Rümpfe und eine sehr große Klebefläche bei gleichzeitig dünnem Material – ob das wohl gut gegangen wäre? Letztlich habe ich zunächst die Seitenansicht mit etwas Überbreite geschnitten, anschließend mit einem „EPP-Bohrer“ auf der Ständerbohrmaschine alle Fenster mit einem Durchmesser von 12 mm gebohrt und die eckigen Fenster dann einzeln mit der Schneideanlage nachgeschnitten. Dazu wurde der Schneidedraht ausgehängt, von Hand durch die runde Öffnung gefädelt und wieder eingehängt. Jetzt konnte das Fenster geschnitten werden, ohne dass ein Zuführungsschnitt entstand. Rumpfboden und -deckel wurden ebenfalls in der Seitenansicht geschnitten und provisorisch mit dem Mittelteil verklebt. Hierzu eignet sich doppelseitiges Teppichklebeband sehr gut. Der ganze Rumpfverbund wurde anschließend in der Draufsicht geschnitten. Das Ergebnis sah ganz eindeutig nach einer SM-77 aus, allerdings fehlte mir noch die charakteristische Kielung des Unterbodens. Dieser Schnitt wäre mit meiner Schneidemaschine aufgrund der erforderlichen großen Verfahrwege der Lineareinheiten nur sehr schwer herzustellen, auch war mir die Gefahr einer leichten Fehlpositionierung mit fatalen Konsequenzen für das Ergebnis zu groß. Deshalb habe ich aus 0,6-mm-Sperrholz einfache Schablonen hergestellt und die Kielung mit einem kleinen Handschneidebogen realisiert. Das Ergebnis war nicht wirklich schön, aber nach ausreichendem Glattbügeln (Backpapier als Trennschicht nicht vergessen) überwiegt der optische Gesamteindruck die etwas ungleichmäßige Oberfläche. Was tragen Italiener Viele Gedanken habe ich mir bezüglich der Auswahl eines geeigneten Profils gemacht. Das Hohlprofil des Originals hat einen sehr großen Nasenradius und eine große Wölbung. Profile wie das USA 40 oder Goe 550 sehen zwar ähnlich aus, aber das einer Seitenansicht der SM-55 entnommene Profil hat mir dann doch besser gefallen, es passt sich besser an die Rumpfform an. Gepackt vom ­Scale-Ehrgeiz – vielleicht war es auch nur der Mut der Verzweiflung – habe ich es kurzerhand nachgezeichnet. Gut, dass wir Modellbauer nicht jede Entscheidung objektiv begründen müssen. Bei der Flügeldraufsicht haben dann wieder die praktischen Aspekte den Vorzug vor der Originaltreue bekommen: Das Flügelmittelstück besitzt eine einfache Rechteckform, die Außenflügel sind mit gepfeilter Vorderkante und gerader Hinterkante nicht so stark zugespitzt wie beim Original. Schließlich will ich einen durchgehenden Rundholm in die Flügel schneiden, was bei der gewählten Pfeilung/Zuspitzung gerade noch möglich ist. Die Verdrehsicherung wurde mittels 8-mm-Alurohr realisiert – ebenfalls mittels „EPP-Bohrer“. Nach dieser eher entspannenden Übung brachte die Post rechtzeitig die Zutaten für die Beleuchtung. Damit war auch schon der nächste Bauschritt vorgegeben. Es werde Licht Alle Fensteröffnungen erhielten von der Oberseite des Rumpfmittelteils her eine Bohrung für die Zuführung der LED und natürlich auch des Stroms. Die Bohrung wurde so gewählt, dass die quadratischen Superflux-LED einfach ­eingeklemmt werden können. Das sollte bei dem großen Abstrahlwinkel dieser Leuchtmittel ausreichen, um die Fenster indirekt zu beleuchten. Die Reihenschaltung aus drei LED und einem 100 Ohm Widerstand lässt den Strom an einem 3s-LiPo bei zirka 15 Milliampere (mA) einpendeln. Am Ende wurden diese Reihenschaltungen zu einem Strang parallel geschaltet und schon ist die Rumpf-Innenbeleuchtung fertig für einen ersten Test. Hui, das strahlt so schön, dass sich jemand den Kommentar, dass die Passagiere im Flieger wohl einen Sonnenbrand bekommen würden, nicht verkneifen konnte. Nach dem Aufkleben des Flügel-Mittelteils wurde auch das Beleuchtungsmodul in Betrieb genommen: es bietet jeweils einen Ausgang für normales Licht, einen für einen Doppelblitz (weiß), einen für einen Einfachblitz (Tail, ebenfalls weiß und synchron mit dem ersten Blitz des Doppelblitzes) und einen für das Anti Collision Light (rot, auf Ober- und Unterseite), sowie 5 Volt (V) als Versorgungsspannung für die Blitze. Hier habe ich High Power LED verwendet, die (fast) ohne Vorwiderstand an die 5-V-Spannung angeschlossen wurden. Einen kleinen Widerstand habe ich dann aber doch verwendet, indem ich diese LED mittels lackisoliertem Konstantandraht (5 Ohm/m) an das Lichtmodul angeschlossen habe. Dieser begrenzt den Strom und lässt sich sehr gut in einem kleinen Einschnitt im EPP verstecken. Ich konnte den Moment des ersten Einschaltens kaum erwarten. Das Geblitze sah so gut aus, dass ich die Schaltung mehrere Stunden eingeschaltet ließ und immer wieder hinschaute. Die offizielle Begründung war natürlich, dass ich die Wärmeentwicklung beobachten wollte. Wo Licht ist, ist auch Schatten Nachdem die Beleuchtung ihren Platz in so großzügiger Weise eingenommen hatte, musste ich feststellen, dass sich trotz der Modellgröße kein Platz mehr für den vorgesehenen Akku, einem 3s-LiPo mit 4.000 bis 5.000 mAh, finden ließ. Zwar hätte eine Aufteilung in zwei Akkupacks noch einen Einbauraum in den vorderen Rumpfbereichen unter den oben angeordneten Fenstern ermöglicht, aber sowohl Akkuzugang als auch die Kabelführung wären kompliziert geworden. Da ich aber die einfachen Dinge bevorzuge, wurde kurzerhand beschlossen, pro Motor einen eigenen Akku zu verwenden und diesen gemeinsam mit dem zugehörigen Steller direkt in der Motorgondel zu platzieren. Sicherlich keine optimale Lösung im Hinblick auf das Erreichen des erforderlichen Schwerpunkts. Denn schon zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass das Modell vorne Gewicht brauchen würde. Ohne die Rumpf-Innenbeleuchtung wäre das alles gar kein Problem. Dieser Rumpf ist anders Wie baut man wohl am besten den Leitwerksträger auf? Aus verschweißtem Edelstahlrohr? Aus hartverlötem Aluminiumrohr? Oder würde es ausreichen, wenn die Rohre miteinander verklebt würden? Wie kann ein solcher Leitwerksträger fest und passgenau im EPP verankert werden, um alle Kräfte aufnehmen zu können? EPP zeigt bekanntermaßen Schwächen bei der Einleitung punktförmiger Lasten. Die Materialfrage war schnell geklärt, da ich im engeren Umkreis kein Edelstahl mit Durchmesser 10 bis 12 mm bekommen konnte, eloxiertes Aluminium mit 12 mm Durchmesser aber in jedem Baumarkt zu haben ist. Über die konstruktiven Fragen habe ich lange nachgedacht und kam zu dem Entschluss, zunächst mal mittels „EPP-Bohrer“ entsprechende Rohrführungen in den Rumpf einzubringen. Von der Genauigkeit dieser Führungen hängt letztendlich die aerodynamische Geometrie der Savoia ab, deshalb sollte hier möglichst genau gearbeitet werden. Als einfache Lösung hierfür habe ich den Rumpf auf der Bauunterlage fixiert und eine Bohrschablone im Abstand der späteren Verbindungsstelle von Unter- und Obergurt des Leitwerksträgers am Tisch befestigt. Durch diese Schablone wurden die Löcher in den Rumpf eingebracht. So konnte auf einfachste Art die Passgenauigkeit sichergestellt werden. Nach Einschieben der Rohre konnte man sich von der Parallelität beider Leitwerksträger überzeugen und gleichzeitig feststellen, dass die Rohre selbst ohne Verbindung untereinander bereits fest im EPP sitzen. Kurzerhand wurde der Untergurt in entsprechendem ­Winkel abgesägt, ein wenig mit der Feile an den Obergurt angepasst und beide Gurte miteinander verklebt. Ein Aluniet stabilisiert diese Verbindung, sodass auch grobe Scherkräfte bei unsanfter Beanspruchung beherrscht werden. Manchmal ist die Realität einfacher als die Theorie. Jetzt konnte auch schon das vormontierte Leitwerk auf dem Leitwerksträger verklebt werden. Um eine feste Verklebung zu gewährleisten, wurde die Unterseite der Seitenleitwerke mit dem Radius des Leitwerksträgers versehen. Uhu Por leistet auch hier wieder beste Dienste, dieser Kleber ist einfach ein Universalgenie. Dass die Alurohre für die Motorgondeln ebenfalls mittels „EPP-Bohrer“ und Uhu Por verklebt wurden, bedarf angesichts des bisherigen Bauablaufs eigentlich keiner Erwähnung mehr. Den nach oben gerichteten Motorsturz habe ich von der Geometrie des großen Vorbilds übernommen, meine bisherigen Flugboote mit oben angeordneten Antrieben haben ähnliche Winkel. Getrübte Vorfreude Die Anprobe des Flügels sollte in diesem Bauzustand eigentlich als Motivation für den Einbau der RC-Anlage und zur ersten Abschätzung des Schwerpunkts dienen, geriet dann aber zum Debakel. Der obere Leitwerksgurt verlief tatsächlich genau durch die Aussparung für den Flügelholm. An ein Herausziehen des Gurtes war nicht mehr zu denken, stabil verkleben bringt eben auch Nachteile. Es blieb keine andere Wahl, als den Rumpfrücken aufzuschneiden und die Leitwerksgurte mit Hilfe eines Sägeblatts zu kürzen. Der Empfänger hat seinen Platz in einem Flügelausschnitt unter der Kabinenhaube gefunden, schließlich befindet sich die Steuerzentrale des Originals auch an diesem Ort. Tatsächlich ist es so, dass dieser Einbauraum zentral liegt und gut von der Flügelober- wie auch -unterseite her erreichbar ist. Die Kabelzuführung von der Unterseite dient auch als Ablauf für eventuell eintretendes Wasser. Wenn der Empfänger mit Wet Protect gegen Spritzwasser geschützt wird, benötigt die Kabinenhaube keine speziellen Abdichtmaßnahmen. Alle Servos sitzen an ihren Arbeitsorten, sodass die Ruderanlenkungen direkt, leichtgängig und spielfrei sind, dafür muss jedes Kabel entsprechend verlängert und irgendwo im EPP versenkt dem Empfänger zugeführt werden. Kabelsalat Die Montage von Motoren, Stellern und Akkus ging sehr zügig, die Verkabelung der Steller erforderte dann aber noch einmal die volle Aufmerksamkeit. Ein Steller wurde „ganz normal“ an den Gasausgang des Empfängers angeschlossen. Dieser versorgt den Empfänger und die vier Servos. Beim zweiten Steller wird das Pluskabel aus dem Servostecker abgezogen und stattdessen mit der ebenfalls abgezogenen Plusleitung des Servoanschlusses für das Beleuchtungsmodul verbunden. Gleichzeitig wird der Plusanschluss des zweiten Akkus zur Versorgung der Rumpfbeleuchtung verwendet. Damit wird die gesamte Beleuchtung aus dem zweiten Akku beziehungsweise dem zweiten BEC gespeist. So wird einerseits eine Überlastung des BEC und andererseits eine Rückwirkung der extrem kurzen Blinkstromimpulse auf die Stabilität der Versorgung der Empfangsanlage vermieden. Der dritte Steller wird einfach nur mittels Impuls und Masse mit dem Empfänger verbunden. Für die Kamerahalterung hatte ich einen Verbindungssteg zwischen den beiden Rümpfen angedacht, an dem die Kamera mittels Stativschraube befestigt wird. Dieser Steg sollte aber abnehmbar sein, da ich schließlich nicht immer mit Kamera fliegen will. Außerdem müsste das Objektiv möglichst dicht an der Wasseroberfläche sein. Bei früheren Versuchen habe ich erfahren, dass eine zu hohe Positionierung kein „Wasserfeeling“ beim Betrachten der Aufnahmen aufkommen lässt. Auch hier ist mir glücklicherweise eine einfache Lösung eingefallen. Ein kurzes Rohrstück, etwas kürzer als die Flügeldicke, wird als Führung und Anschlag für eine Fotoschraube in den Flügel eingeklebt und die Kamera einfach kopfüber unter den Flügel geschraubt. So wird der Abstand zur Wasseroberfläche minimiert – bei entsprechender Bugwelle ist das Objektiv sogar unter Wasser – und die Kamera wird beim Festdrehen der Schraube unverrückbar in die EPP-Oberfläche gezogen. Jedes Videobearbeitungsprogramm sollte in der Lage sein, das auf dem Kopf stehende Video zu drehen. EPP macht nachlässig Beim Bau eines Flugzeugs gibt es immer irgendwelche Arbeiten, die man gerne nach hinten schiebt. Im Fall der SM-77 war das die „Verglasung“ der Fenster. Schließlich wollen hier 44 Fenster einzeln aus einer 2 mm dicken Acrylplatte ausgeschnitten und eingepasst werden. Bis zuletzt hoffte ich darauf, dass mir irgendjemand mit einer CNC-Fräse begegnet, der auf diese Arbeit gewartet hat. Und so kam es, dass die erste Erprobung noch ohne Verglasung erfolgte. Natürlich würde der „Innenraum“ nass werden, aber bei der gewählten Rumpfbauweise ist das egal – und die LED stört ein wenig Süßwasser auch nicht. Die Geometrie der SM-77 ist für ein Flugmodell ziemlich ungewöhnlich, schließlich beträgt der Anstellwinkel des Tragflügels stolze 10 Grad, dafür ist aber auch das Höhenleitwerk mit 4 Grad angestellt. Als Bezugslinie nehme ich dabei den oberen Leitwerksholm. Das ergibt eine EWD von zirka 6 Grad, was für ein langsames Wasserflugmodell wiederum völlig in Ordnung geht. Ebensolches gilt für den Motorsturz. 12 Grad nach oben ist schon eine deutliche Ansage. Dafür ist der Boden hinter der Stufe wiederum nur mit etwa 2 Grad nach hinten ansteigend. Die Gefahr, dass das Wasser hinter der Stufe nach oben an den Rumpf gewirbelt wird und diesen „wieder einfängt“ ist entsprechend groß. Sicherheitshalber wird der Unterboden hinter der Stufe vor dem ersten Test mit Hilfe einer Tapeauflage glatt gemacht. In der Summe sind die Winkel untereinander logisch, sodass ich der ersten Wassererprobung mit zuversichtlicher Spannung entgegensehen konnte. Es werde nass Die Savoia liegt satt auf dem Wasser – natürlich benötigt der Doppelrümpfer keine Stützschwimmer. Bereits beim langsamen Gasgeben ist erkennbar, dass der bootsförmige Rumpf das Wasser auf die Seite und nicht etwa nach unten verdrängt. Dies sorgt für eine herrliche Bugwelle. Je nachdem, wie man jetzt steuert, kann die SM-77 in eine „extrem nasse Verdrängerfahrt“ oder aber auch auf die Stufe gebracht werden. Bringt man sie durch Ziehen des Höhenruders auf Stufe, dann ist die Abhebegeschwindigkeit bereits nach wenigen Metern erreicht. Lässt man sie hingegen noch ein wenig verdrängen, dann muss das großzügig eingesetzte Wet Protect seine hervorragende Fähigkeit unter Beweis stellen, die Elektronik vor einem regelrechten Wasserschwall zu schützen. Dies tut es hervorragend und so erfreue ich mich immer wieder gerne an diesem Anblick. Die Steller habe ich zwischenzeitlich mit einem „EPP-Schild“ gegen Spritz- und Schwallwasser geschützt, ich will es ja nicht mit Gewalt herausfordern. Anfängliche Bedenken, dass der geringe Winkel des Unterbodens hinter der Stufe zum Bremsklotz beim Wasserstart werden könnte, haben sich nicht bestätigt. Zieht man beim Kurzstart kräftig Höhe, dann taucht erwartungsgemäß der hintere Rumpfteil wieder ins Wasser ein, aber der Rumpfbug geht problemlos aus dem Wasser. Damit ist die Rumpfhinterkante eigentlich wie eine zweite, widerstandsarme Stufe zu betrachten, von der es sich ebenso gut starten lässt, wie von der Hauptstufe. Was soll ich zu den Flugeigenschaften sagen? Die riesige Tragfläche macht die SM-77 zum Parkflyer mit der Wendigkeit eines Dampfers. Das Profil ist erwartungsgemäß langsam und völlig unkritisch, alle Winkel passen auf Anhieb zum gemütlichen, fast schon majestätischen Fliegen. Der Klang der drei Motoren ist beeindruckend, aber niemals laut. Sowohl Quer- als auch Seitenruder scheinen zunächst ausreichend zu wirken, Reaktionen auf das Höhenruder kommen eher direkt. So darf bereits beim zweiten Flug die Kamera in der Wasserperspektive mitfliegen – und noch immer sind keine Scheiben im Rumpf. Selbst wenn die quer zur Flugrichtung montierte Kamera beim Beschleunigen ins Wasser eintaucht, spürt man keinen Einfluss auf das Startverhalten, die Flugeigenschaften sind ohnehin nicht beeinträchtigt. Das Anwassern erfolgt einfach durch Reduzieren der Gasstellung. In Folge der positiven Winkel der Motoren, der Tragfläche und des Höhenleitwerks braucht man nicht unbedingt abzufangen. Dementsprechend gefühlvoll sollte natürlich die Rücknahme der Gasstellung erfolgen, da die SM-77 einen mächtigen Luftwiderstand hat und schnell nach unten kommt. Dies kann man sich beim Landeanflug zu Nutze machen und relativ steil anfliegen. Beim Ausgleiten auf dem Wasser führt die ungewöhnliche Geometrie dann zu einem weiteren Effekt: sobald die Motoren nicht mehr nach oben ziehen und die Savoia von der Gleitfahrt in Verdrängerfahrt fällt, bremst sie stark ab, begleitet von einem kurzen, aber deutlich sichtbaren Nicken des Rumpfs. Bitte Nachbessern Als die SM-77 zum ersten Mal bei windigem Wetter zum Einsatz kam, ließ sich feststellen, dass ein Manövrieren auf dem Wasser fast unmöglich war. In der Luft hatte man dann alle Hände voll zu tun, mit Rückenwind einzukurven. Die Diagnose war schnell gestellt: Die Querruder sind zu weich und verbiegen sich im Wind. Der Windfahneneffekt ist bei diesem Flugzeug ziemlich groß. Außerdem waren aufgrund fehlender V-Form die Flügelenden nur sehr knapp über der Wasseroberfläche. Erfolgte die Landung nicht mit exakt horizontal ausgerichteten Flügeln, kam es gerne zum Einhaken beim ­Landen. Nicht schlimm, aber eben auch nicht schön. Zunächst wollte ich in den äußeren Flügel ein weiteres Querruderservo einbauen, da die derzeitige Servoposition an der Flügelwurzel nicht gerade optimal ist. Dies hätte sicherlich die Querruderwirkung deutlich verbessert, auf das Manövrieren im Wasser aber keinerlei Einfluss gehabt. Deshalb habe ich mich zur differenziellen Motorsteuerung und zum Einbau einer V-Form in den Flügel entschieden. Beide Maßnahmen waren ohne großen Aufwand machbar. Der Aluholm wurde einfach in der Mitte um einen Kochtopf herumgebogen, bis die V-Form passend aussah – etwa 4 Grad pro Seite. Schiebt man jetzt den Holm in den Flügel, dann passt sich der Flügel dank dem weichen EPP problemlos der V-Form an. Das EPP selbst wirkt als Verdrehsicherung für den Holm. Mit diesen Änderungen fliegt die SM-77 bei fast jedem Wetter sehr stabil, trotz der weichen Querruder. Die Kombination aus V-Form und Motorsteuerung macht die SM-77 sehr wendig. Das ungewöhnliche Flugbild ist in vielen Perspektiven interessant, sodass das Flugboot langen Spaß auf dem Weiher garantiert. Die Flugzeit beträgt sehr kurzweilige 10 Minuten, ein wenig länger wäre nicht verkehrt. Die drei Flugakkus lade ich parallel, ohne Verwendung des im Ladegerät integrierten Balancers. Nach einigen Flügen balanciere ich die Akkus dann einzeln, wobei aber noch keinerlei nennenswerte Abweichungen bei den einzelnen Zellenspannungen aufgefallen sind. Nachdem die eingebaute Beleuchtung eine echte Schau ist, kommen zu den morgendlichen Weiherbesuchen jetzt auch noch einige Abendstunden hinzu. Die Spiegelungen der Innenbeleuchtung auf dem glatten Wasser sind ein wunderschöner Anblick, aber auch das vom Landescheinwerfer angeleuchtete Spritzwasser hat seine Reize. Einzig die Mückenplage in der Dämmerung trübt das Vergnügen ein wenig. Positiv ausgedrückt ist das Naturerlebnis zu dieser Tageszeit besonders intensiv. Und bei diesem positiven Resümee will ich auch bleiben: Die SM-77 schreit förmlich nach einem kleinen Schwesterchen im Kofferraumformat – ich habe ihren Ruf gehört. Ich wünsche viel Spaß beim Betrachten des Videos. Die Reaktionen auf die früheren Videos lassen mich hoffen, dass noch viel mehr Modellpiloten dem Reiz des Wasserflugs erliegen. Das Beleuchtungsmodul ist unter folgendem Link beschrieben: www.rcelec.cyblord.de.