Pitts S12 von Carf Models

„Ein Traum wird wahr!“ So betitelt Composite-ARF den ersten Voll-GFK-Doppeldecker, der in Serie geht. Jene Pitts S12 hat mich von jeher begeistert und im März 2009 wurde endlich der Kauf getätigt. Mit 2.720 Millimeter Spannweite, einer tollen Lackierung und voller 3D-Fähigkeit überzeugt sie in jeder Hinsicht. Im Original hat die Pitts Model 12 – von den­ ­meisten Modellherstellern immer als S12 vertrieben – gut 7 Meter Spannweite, ein Leergewicht von 700 Kilogramm und von 400 PS befeuert eine Cruise-Speed von fast 300 Kilometer die ­Stunde. Dem hält das Modell im Maßstab 1:2,5 knapp 22 Kilogramm und 19 PS entgegen. Die Pitts wird bei Carf nur auf Auftrag gefertigt, wodurch mit einer Wartezeit von sechs bis zehn Wochen zu rechnen ist; je nachdem, wie zeitnah der nächste Container nach Deutschland verschifft wird. Für den Kunden, der telefonisch in Deutschland bestellt, besteht die Möglich­keit, das in der Form lackierte Modell zu einem verhältnismäßig geringen Aufpreis mit seinem eigenen Wunschdesign zu versehen. Dies kam in meinem Fall nicht in Frage, da mir das angebotene Stars'n Bars-Schema perfekt für eine Pitts erschien. Sahneteil Nach der Abholung im Speditionslager in Offenbach stand die Pitts schließlich Mitte Mai bereit zum Aufbau im Keller. Wie von Carf gewohnt, ist der Vorfertigungsgrad auch bei der Pitts sehr hoch und absolut vergleichbar mit den bekannten Eindeckern. Das heißt, alle Ruderhörner sind eingeharzt, alle Servoschächte vorbereitet, alle Ruder fertig angeschlagen und die Steckung und EWD entsprechend angepasst, sodass die Pitts nach dem Auspacken sofort zusammengesteckt werden kann, um einen ersten Eindruck von ihr zu bekommen. Das in der Form lackierte Finish wirkt erstklassig und glänzt mit hoher Qualität. Wie schon erwähnt, ist das Modell in Voll-GFK-Bauweise erstellt, und so für extreme Flugmanöver mit der nötigen hohen Stabilität versehen. Im Bereich des Baldachins, des Motordoms und der Fahrwerksaufnahme ist zusätzlich einiges an Kohlefaser zu finden. Insgesamt hat sich die bekannte Herex-Sandwich-Bauweise auch bei der Pitts bewährt. Die Montage ist, wie im Allgemeinen von modernen ARF-Modellen bekannt, als relativ unspektakulär zu beurteilen und kann von jedem erfahrenen Modellbauer bewältigt werden. Obwohl die Bauanleitung der Pitts nicht ganz so ausführlich ist, wie dies sonst von CARF-Manuals der Fall ist. Daher soll das Augenmerk dieses Berichts auch weniger auf den Bau an sich als vielmehr auf die eingesetzte Technik beziehungsweise den Doppeldeckeraufbau gerichtet werden. Antrieb Nach den guten Erfahrungen mit dem Motor DA170 und den KS-Topfschalldämpfern in meiner Carf SuperXtra war ich mir sicher, dass auch die Pitts mit diesem Triebwerk bestückt werden muss. Zur Leistungssteigerung allerdings mit zwei KS-Resorohren, die für zirka ein zusätzliches PS sorgen. Aufgrund des möglichst niedrigen Gewichts entschied ich mich gegen einen DA200. Das Konzept ist voll aufgegangen: Mit einer Zweiblatt-Luftschraube Müller 32 × 11 Zoll zieht der Motor den 22 Kilogramm (kg) schweren Doppeldecker aus dem Torquen mit guter Beschleunigung in den Himmel. Außerdem lässt sich tendenziell erkennen, dass das Laufverhalten des 170er mit den Resorohren etwas besser als mit Topfschall­dämpfern ist. Abgestimmt wurde das Rohr auf dem Prüf­stand auf Basis der Anhaltswerte von Krumscheid. Die Krümmerlänge wurde auf einem eingelaufenen DA170 so lange verändert, bis die Drehzahl ihr Maximum von 6.400 Umdrehungen in der Minute (U/min) erreichte. Zum Vergleich: Ein DA200 mit Topfschalldämpfern dreht unter ähnlichen Bedingungen mit gleichem Propeller 6.500 U/min. Das heißt, ein 170er-Motor plus Reso ist leistungsmäßig einem 200er sehr ähnlich, wobei das Eigengewicht ein­deutig für den 170er spricht. Allerdings besitzt er nicht die Laufruhe eines Vierzylinders. Mit der Vergaser-Grundeinstellung und nach nur vier Litern Einlaufsprit – Gemisch 1:30 mit mineralischem Öl – läuft der Motor mit einem normalen 1:50-Gemisch absolut einwandfrei. Egal ob Rücken- oder Senkrechtflug, der Motor zieht durch. Zur optischen Aufwertung wurden VA-Auspuffrohre mit Hitzeschutz und Fahrwerksüber­gänge gefertigt. Näheres hierzu kann man auf der Internetseite www.niklasroth.de nachlesen. Servos Um Gewicht einzusparen, war von Anfang an geplant, möglichst wenige Servos einzusetzen. Auf dem Querruder kommt je Fläche ein robbe/Futaba BLS 152 aus der neuen Brushless-Servo-Generation mit einer Stellkraft von 350 Newton pro Zentimeter (Ncm) und einem Haltemoment von 875 Ncm zum Einsatz. Das Seitenruder wird durch zwei robbe/Futaba S9157 mit 306 Ncm Stell- und 765 Ncm Haltemoment betätigt, während pro Höhenruder­hälfte jeweils ein weiteres S9157 arbeitet. Ob sich ein Servo pro Höhenruder tatsächlich über längere Zeit bewährt, ist noch unklar – die Tendenz zum Flattern wird durch das größere Spiel, das durch zwei Servos pro Ruder vermindert werden könnte, natürlich größer. Als Servo­hebel wurden, außer auf dem Höhenruder, die Kohle­faserkunstoff-Hebel des Herstellers Gabriel eingesetzt; erhältlich im Fachhandel. Die Höhenruderhebel sind großen Belastungen ausgesetzt, denen ein Aluminum­hebel sicher standhält – dieser wurde über Conrad bezogen. Die Gas-Befehle setzt ein hochwertiges DS8511 um, das direkt am Motorspant sitzt und den Vibrationen standhalten muss. Empfänger und Stromversorgung Auch bei der Empfangsanlage wurde auf bewährte Technik zurückgegriffen. Zwei robbe/Futaba R6014HS empfangen die Signale für neun Servos und eine Smokepumpe, die über das Emcotec DPSI Twin Mini von zwei Emcotec-LiPos mit 3.300 Milliamperestunden Kapazität versorgt werden. Das DPSI schaltet, sobald der Main-Receiver (Hauptempfänger) ein Failsafesignal sendet, auf den Backup-Receiver (Zweit-Empfänger) um, wodurch sich die Ausfallsicherheit des Systems enorm erhöht. Auf dem Info-Display können neben den Stromstärken und Spannungen auch die Anzahl der Umschaltungen zwischen den beiden Empfängern beziehungsweise die zeitliche Empfangsqualität abgelesen werden. Die hellen LED des Info-Displays und akustische Signale informieren über den Zustand von Akku und Empfänger und warnen im Notfall vor dem erneuten Start. Idealerweise sollte der Main-Receiver immer aktiv sein. Sobald die Weiche zwischen den Empfängern umschalten muss, wird ein Fehler gemeldet. Die Servosynchronisation und Funktionszuweisung wurde komplett über den Sender vorgenommen. Die FX-40 bietet eine ausreichende Anzahl an Kanälen und Funktionen, die eine komfortable Programmierung ohne jegliche Einstell­pads ermöglichen. Verspannt Durch seine zwei Flächen und das voluminösere Er­­schei­­nungsbild wirkt ein Doppeldecker in der Regel größer als ein Eindecker gleicher Spannweite. Es ist jedoch gar nicht so einfach, diese beiden Flächen vernünftig zu befestigen, ohne den Aufbau unnötig zu verkomplizieren. Bei der Carf-Pitts wird der Baldachin über die mitgelieferte Metall-Verstrebung mit dem Rumpf verschraubt. Die entsprechenden Löcher mit Gewinde sind bereits vorhanden, sodass der Baldachin unmittelbar nach dem Auspacken montiert werden kann. Die richtige EWD zu finden, bleibt dem Kunden ebenfalls erspart – die Pitts kann quasi aus dem Karton direkt zusammengesteckt werden. Nur die Verspannungsseile müssen noch entsprechend abgelängt werden, um unter ausreichender Spannung in den schon eingeharzten Befestigungslaschen Platz zu finden. Die Flächensteckungen mit einem 30-Millimeter-Alu­miniumrohr sorgen für enorme Festigkeit. Während die oberen Tragflächen mit jeweils einer M6-Inbusschraube gesichert werden, kommen bei den unteren die bekannten Rändelmuttern zum Einsatz, die einfach per Hand im Rumpf auf den entsprechenden Flächenbolzen verschraubt werden. Nun können die Streben mit ihren vier Pins in die entsprechenden Löcher in den Tragflächen eingefügt und anschließend verschraubt werden, wenn man letztere etwas auseinander drückt. Die Verspannung aus insgesamt acht Seilen wird flächenseitig nur an den Streben befestigt, sodass einem beim Aufbau einiges an Arbeit erspart bleibt, da die Streben während des Transports zusammen mit dem Baldachin am Rumpf befestigt bleiben. Die Höhenleitwerke werden über zwei Kohlefaser-Steckungs­­rohre mit dem Rumpf fest verbunden, ohne dass eine zusätzliche Verspannung nötig ist. Für starke Servos bietet der flache Leitwerksquerschnitt keinen Platz, sodass jene im Rumpf platziert und über jeweils eine Kohlefaser-Schubstange mit den Höhenrudern verbunden werden. Ferner sorgt diese Einbaumethode dafür, dass, je nach Motorisierung, keine unnötigen Schwerpunktprobleme entstehen und alle Komponenten komfortabel im Kabinenbereich positioniert werden können. Show goes on Majestätisch rollt die Pitts mit ihrem breiten Fahrwerk auf die Startbahn. Der Motor wird auf Drehzahl gebracht und lässt sie schon nach wenigen Metern abheben. Bis zur Landung kann der Doppeldecker nicht mehr abgehalten werden, seine prachtvollen Seiten in tollen Kunst­flug­manövern zu präsentieren. Auch ein einfacher Looping ist mit einer solchen Maschine bei qualmenden Auslass­rohren schon sehr beeindruckend. Aber ein tiefer Harrier mit an­­schließender Torquerolle ist optisch nicht mehr zu toppen. Die Pitts macht fast alle Figuren, die man auch von einem 3D-Eindecker gewöhnt ist, wirkt aber durch ihr voluminöses Erscheinungsbild ganz anders. Auch wenn man öfters hört, dass ein Rückenharrier durch die gestaffelten Flächen nur schwer möglich ist, so überzeugt einen diese Pitts vom Gegenteil. Bei Überschlägen sind ihr natürlich Grenzen gesetzt. Dafür beherrscht sie aber andere ­eindrucksvolle Wendemanöver umso besser. Der Pilot hat am Knüppel allerdings in allen Figuren etwas mehr zu steuern. Vom Eigenleben des Doppeldeckers hat bestimmt jeder schon etwas gehört. Ein langsamer Rollen­kreis erfordert ebenso mehr Korrekturen wie auch im Harrier das Querruder genauer gesteuert werden muss, um sie vor dem Kippen zu bewahren. Letztendlich ist dies aber alles machbar und erfordert lediglich etwas Übung. Wo andere Modelle ihre Nachteile haben, hat die Pitts ihre Vorteile und umgekehrt. Es ist zum Beispiel überraschend, wie wendig die Maschine im positiven Harrier ist, während die Kreise im Rückenharrier eher größer ausfallen. Insgesamt betrachtet lässt sich die Pitts gut präsentieren, wenn man sich auf ihre Eigenheiten einlässt. Sie reagiert durch ihre zwei Tragflächen ganz anders. Der Schwerpunkt wurde entsprechend der Bauanleitung eingestellt. Grundsätzlich wird dort ein Bereich von kopf- bis schwanzlastig angegeben, wobei die Wahl von vornherein zugunsten der schwanzlastigeren Variante fiel. Während der Powerrolle darf dann nur ganz wenig mit Seiten- und Höhenruder unterstützt werden, damit sie nicht sofort in einer Torquerolle endet. Festzuhalten bleibt, dass sich kleine Schwerpunktveränderungen im Flug­verhalten schnell bemerkbar machen – wobei erwähnt werden muss, dass keine dieser Veränderungen zu einem kritischen Verhalten führen. Folglich erfordert es ein wenig Feintuning, alles perfekt einzustellen. Im Messerflug taucht die Pitts – unabhängig von der Schwerpunktlage – auf Tiefe und dreht Richtung Normalfluglage. Dies kann ohne Probleme durch einen Mischer kompensiert werden, der andere Flugmanöver nicht beeinflusst. Tiefe Messerflüge werden schnell zu Lieblingsmanövern, da gerade hier die Doppeldecker-Form enorm gut wirkt. Durch den voluminösen Rumpf bietet die Pitts hier auch ein reiches Geschwindigkeitsspektrum an. „Auf dem Rücken musst du Drücken“, das gilt ebenfalls bei der Pitts, allerdings nur minimal, so wie man es von den verbreiteten Eindeckern auch kennt. Interessanter wird das Flugverhalten bei langsamen Rollen. Unter Vollgas ist es schon etwas verwunderlich, wie man hier manchmal je nach Fluglage steuern muss: Auf dem Rücken plötzlich ziehen und in Messerfluglage das Seitenruder komplett unberührt lassen. Letzendlich kommt man zu dem Ergebnis, dass die Pitts in der langsamen Rolle gerne ­weniger Vorschub will. Damit wird dann auch diese Figurengruppe zum absoluten Standard. Bilanz Die Pitts ist unter den Flugzeugen wie ein SUV unter den Autos: Nicht immer das zweck­mäßigste, aber dennoch etwas sehr schönes, mit dem man viel Spaß haben kann. Man kauft keine Pitts, um einen F3A-Wettbewerb zu gewinnen, sondern wegen der Optik – sei es im Flug oder am Boden. Für Flugtage eignet sie sich somit umso mehr. Der Bau der Carf-Pitts ist sehr unkompliziert und die Bauanleitung bietet genügend Anweisungen zur erfolgreichen Fertigstellung. Im Flug belohnt sie den Piloten mit tollen Doppeldecker-Flugeigenschaften, hoher Festigkeit und absoluter Figurenfreiheit.