Stinson Reliant: All-days-Cruiser von Horizon

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich im Spätsommer die Nachricht, dass Parkzone einen schönen Oldtimer auf den Markt bringen wird. Welcher? Eine Stinson Reliant SR 10. Wann? Das war lange Zeit ungewiss, aber jetzt ist sie überall erhältlich. Verfügt sie auch über die legendär guten Flugeigenschaften, die Parkzone-Modellen in die Wiege gelegt sind? Mal schauen. In den zurückliegenden Monaten trafen sich Modell und Wetter zu verschiedenen Gelegenheiten. Unzählige Flüge hat die Kiste nun auf dem Buckel und kann mal so richtig aus dem Nähkästchen plaudern. Der Stinson blieb wenig erspart, und so meisterte sie viele Situationen mit Bravour. Nicht jede. Doch was kann das Modell dafür, wenn es an Tagen raus musste, wo man eigentlich nein sagt. Verzockt? Aber warum das Ganze? „Zum Fliegen ist das schöne Modell doch viel zu schade,“ kommentierte Modell­fliegerkollege Marko Konrad den gelungenen Parkflieger und deutete auf den in der Horizontalen stehenden Windsack. So ein Satz bei einer Schaumwaffel. Nee. Hier im Norden Hamburgs ist es immer windig. Mal mehr, mal weniger. Muss die Schönheit deswegen im Koffer­raum bleiben? Hat sich Parkzone damit verzockt? Sollte dem Modell sein Äußeres zum Verhängnis werden? Nein, fest entschlossen sollte die Reliant bei Wind ­fliegen können. Müssen. Und zeigen, ob und wenn ja, wann der Putz bröckelt. Das sei vorweggenommen: in der Reliant steckt viel Alltagstauglichkeit. So schnell bröckelt da nichts. Küchenmeister Aus der üppig dimensionierten Transportbox schälen sich eine relativ große Tragfläche und ein großer Rumpf. Mit 1.260 Millimeter (mm) Spannweite bei stolzen 300 mm Flächentiefe könnte der Flügel fast als Nuri durchgehen. Der voluminöse Rumpf ist auch nicht von Pappe. Alle Teile samt Zubehör finden noch gut auf einem Küchen­tisch Platz, um daraus ein feines ARF-Gericht zu zaubern. Viel zu tun ist ohnehin nicht. Das Parkzone-Rezept – die Anleitung – stellt reich bebildert und gut beschrieben dar, was wie zusammenzufügen ist. Im Rumpf verbaut sind bereits ein Brushlessmotor und -Regler. Erster sitzt auf einem stabilen Träger hinter einer massiven, stabilen Cowling aus Plastik. Sie trägt maßgeblich zur gelungenen Optik bei. Von vorne einströmende Kühlluft findet einen direkten Weg zu Motor, Regler und Akku und kann am Rumpfende wieder austreten. Ausgleich gesucht Apropos Akku. In der Bind-N-Fly-Version gehört dieser zum Lieferumfang, neben einem Spektrum-Empfänger AR500 und einem LiPo-Balancer-Ladegerät. Letzter lädt den 3s-LiPo mit 1.800 Milliamperestunden Kapazität zuverlässig voll. Ist er einsatzbereit, nimmt er seinen Platz in einem großzügig bemessenen Schacht ein. Der hätte gerne noch größer sein können. Schon beim Erstflug präsentierte sich die Reliant von ihrer kopflastigen Seite, obwohl der Akku bereits an der hintersten Stelle sitzt. Entweder bricht man den Plastikkäfig des Akkuschachts auf und verschafft sich Platz in Richtung Rumpfhinterteil oder man klebt etwa 25 Gramm Trimmblei ins Heck. Das fiel leichter und wurde umgesetzt. Zurück zum Küchentisch. Dort warteten die weitgehend vorgefertigten Fahrwerke auf ihre Montage. Optisch dominieren hier stabile Spritzgussteile für die Radpuschen und Rumpfan­formung. Für den nötigen Halt sorgen von Plastik ummantelte Alu-Fahrwerksbügel, die links und rechts je­­weils über drei Metall-Schrauben am Rumpf befestigt werden. Am Fahrwerk-Rumpfübergang sind zugleich die Flächenstiele mit Hilfe von Splinten angebracht, was eine schnelle Demontage erlaubt. Vorbildlich Das andere Ende der Stiele wird ebenso mit Splinten an der Fläche fixiert. Im Flügel sind bereits zwei Querruder­servos eingesetzt und fertig mit den Rudern verbunden. Deren Kabel brauchen nur noch am Empfänger eingesteckt werden. Soll auch die Klappenfunktionen realisiert sein, ist ein separat zu erwerbendes Servo einzukleben, mit den vorhandenen Anlenkstangen zu verbinden und die Klappe gängig zu machen. Mehr nicht. Das ist vorbildlich von Parkzone vorbereitet. Fertig verkabelt wird die Fläche auf dem Rumpf mit zwei Metallschrauben sicher fixiert. Fehlen nur noch die Leitwerke. Das Seitenruder ist schon via Gestänge mit dem Servo und sogar mit dem Heckspornrad ver­­bunden. Was bleibt, ist das Einschieben des Höhen­leitwerks und das Verbinden des Rudergestänges mit dem Höhenruder. Keine fünf Minuten sind dafür zu veranschlagen. Fix und fertig steht ein ziemlich großes Leicht­schaummodell auf dem Küchentisch – mit Nied­lichkeitsfaktor Zehn. Da schaut auch schon mal die Ehefrau genauer hin und fragt ernsthaft interessiert, was das für ein hübscher Flieger sei. In Verbundenheit Um mit der Reliant spielen zu gehen, ist der Empfänger zunächst mit einem Spektrum-Sender zu binden. Zwar ruht der AR500 tief im Inneren des Rumpfs. Die Mannen von Parkzone sind aber pfiffige Leute und haben sich was einfallen lassen. Durch den Akkuschacht ragt ein Verlängerungskabel, an dem ganz easy der Bindestecker angeschlossen werden kann. Die Ausschläge der Ruder und Klappen erfolgte nach Herstellerangabe, mit etwa 20 Prozent Expo. Jetzt konnte es losgehen. Lift up Breitbeinig und die mächtige Cowling emporgestreckt, steht sie auf der frisch gemähten Graspiste. Langsam Gas geben, sie rollt an. Ab Halbgas hebt sich das Heck in die Höhe – wow, was für ein Bild. Bei Dreiviertel-Gas und nach geschätzten 15 Meter Anlauf hebt die Reliant im sanften Steigwinkel souverän ab. Das sah schon mal sehr elegant aus. Auffällig ist nur, dass sie permanent mit Höhe gestützt werden will. Wie sich herausstellt, ist die Dame etwas kopflastig. Zum Austrimmen des Schwerpunkts hilft wenig Blei am formschönen Heck. Auf Seitenruder reagiert der Hochdecker berechenbar. Zu viel davon, schon kippt das Modell über die Seite nach unten und verliert mehrere Höhenmeter. Beherztes Gegensteuern, Höhenruder und etwas mehr Drehzahl drücken es wieder in die Normalfluglage zurück. Die Höhenruderwirkung sieht etwas anders aus. Zieht man langsam zu stark durch, nimmt die Reliant im günstigsten Fall einfach die Fahrt raus, nickt einmal, verliert ein paar Höhenmeter und holt Fahrt auf. Soweit okay. Sollte sie aber zur Seite kippen, ist der Höhenverlust sehr groß, bis wieder ausreichend Strömung an den Flächen anliegt und eine stabile Normalfluglage erreicht ist. Damit steht fest: Im Landeanflug sollte man die Reliant niemals aushungern. Ein Tester weiß so etwas aus eigener Erfahrung.
 

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