Stinson Reliant: All-days-Cruiser von Horizon

Apropos Erfahrung: Zum Reparieren eignet sich bei Parkzones Z-Foam sowohl Sekundenkleber als auch Belizell. Letzteres bitte sparsam einsetzen. Quillt es an den rot lackierten Stellen heraus, sieht das wenig vorteilhaft aus. Klappt doch Ängstliche Geister würden jetzt unken, das Modell zeige kritische Flugeigenschaften. Moment mal. Das ist kein Fieseler Storch. Wenn man weiß, was man tut, lässt sich die Reliant recht langsam und in schönen, langgezogenen Kurven knietief über den Rasen diri­gieren. Und Landen ist auch kein Hexenwerk. Mit ein Drittel bis Halbgas im flachen Winkel anfliegen, ­minimal Höhenruder geben und sanft aufsetzen. Ob das Landen mit ausgefahrenen Klappen noch besser funktioniert? Im Eifer des Gefechts wird über den Spektrum-Sender der ganze Servoweg eingestellt. Die Klappe steht im 60-Grad-Winkel. Eine Minute später, in Sicherheitshöhe angekommen, zeigt sich schnell, dass das zu viel ist. Zwar nimmt sie die Fahrt extrem raus, zugleich reagiert sie giftig auf Steuerbefehle. Nochmal von vorn. Zwischen 20 und 40 Grad Klappenwinkel sind gut fliegbar. Weniger ist hier mehr. In der Praxis kommen die Klappen trotzdem nie zum Einsatz, weil sich die Reliant auch ohne sehr gut landen lässt. Oh, ein Looping Starten, kurven, tief vorbeifliegen, Höhe gewinnen, ­kurven, touch and go, Gas geben, kurven … Das könnte ewig so gehen. Die Reliant ist der geborene All-days-Cruiser. Dieses Flugbild begeistert von früh bis spät. Vereinskollege Marko Konrad gerät wieder ins Schwärmen. Und nur um ein wenig zu sticheln, nimmt die Reliant wie von Geisterhand geführt Geschwindigkeit auf, gewinnt Höhe, sticht kurz an und zieht einen großen Looping durch. Gleich noch einen hinterher. Und noch einen, diesmal etwas kleiner. Markos Kommentare verstummen, er ist mehr der Wiesenschleicher, doch dann plötzlich: „Das sieht ja be… aus. Geht das nicht besser?“ Nein, Rollen gelingen beim besten Willen nur fassig. Vorwerfen darf man dem Oldtimer das aber nicht. Viel Zuspruch erntet sie wieder beim Turn und beim Slippen. Achtung, hier nicht zu sehr aushungern. Kubanachten sehen auch schön aus. Zum Rückenfliegen ist übermäßig viel Tiefenruder nötig. Zu enge Wenden sollte man auch vermeiden. Die Motorkraft reicht für vieles aus, aber nicht zum Retten vermurkster Figuren. Für einen erfahrenen Piloten alles ganz normale, jederzeit beherrschbare, gutmütige Flugeigenschaften. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann das harte Fahrwerk. Dessen Federwirkung ist sehr gering. Landet man unsauber, springt die Reliant mehr oder weniger. Im schlechtesten Fall verbiegt sich dann das Alu-Fahrwerk. Da hilft nur noch lose schrauben, gerade biegen, wieder anschrauben. Wie gesagt, das ist kein Fieseler Storch – mit extremem Federweg. Das himmlische Kind Windstille Tage gehören zu den gefeierten Ereignissen im Norden der Republik. Oft genug setzte der Mann an den Knüppeln die Reliant an windigen Tagen auf die Graspiste. Sie hat nie gemeckert. Bis Windstärke zwei ­verhält sich das Modell normal. Ab drei oder gar vier Beaufort ist der Gas­knüppel viel öfters weiter vorne zu finden und die Flugzeit sinkt von üblichen 12 bis 15 Minuten um etwa ein Drittel. Umso tiefer man fliegt, desto größer ist der Adrenalinkick. Bei stetigem Wind bleibt die Stinson gut beherrsch­bar. Böen hingegen sind eine Heraus­forderung. Die knapp 1.200 Gramm Lebendgewicht werden mit einem Mal zum Spielball des himmlischen Kinds. Jetzt bei Querwind zu landen oder tief vorbeizufliegen, wäre ein Risiko. Gegen den Wind ist das alles kein Problem. Vielmehr be­­­­fördert es den Spieltrieb. Bilanz Es wäre eine Sünde, die Stinson Reliant im Kofferraum – oder gar zu Hause – zu lassen, nur weil sie zu schön zum Fliegen ist. Widrigen Verhältnissen trotzt sie erfolgreich. Zu ihren reichen Schokoladenseiten zählen die gutmütigen Flugeigenschaften und das einmalige Flugbild. Der Vorfertigungsgrad ist hoch und reduziert die Montage auf ein Minimum. Ausstattung und Preis stimmen. Horizon Hobby hat mal wieder ein vollends überzeugendes Modell auf den Markt gebracht.
 

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