Viper Jet – Snake Alert

Scale- und Semiscale-Nachbauten manntragender Flugzeuge sind unter den Modellflugzeugen nach wie vor die wahren Eyecatcher. So ist auch die Viper MK II von Tomahawk Design ein Nachbau eines amerikanischen zweisitzigen Sport Aircraft-Jets. Im Original besitzt das Flugzeug eine Spannweite von gut acht Meter. Die kleine Viper bringt es auf zwei Meter. Wie das große Vorbild, so ist auch die Modellausführung eine wahrlich erstklassige Erscheinung. Es hat sich wirklich gelohnt, den Viper-Jet von einem Fachmann lackieren zu lassen, denn die großen Flächen von Rumpf und Tragwerk verzeihen bei solch einem Flugzeug keinen fehlerhaften Farbauftrag. Nach Bildern der Originalmaschine hat ein befreundeter Autolackierer das Modell zu einem wahren Schmuckstück werden lassen. Lediglich die großflächig aufgebrachte Metalliclackierung hat zu Anfang etwas Bauchschmerzen verursacht. Bis auf den schwarzen Rumpfrücken und die weiße Zierlinie ist das Modell nämlich komplett mit der schimmernden Lackschicht versehen. Welche Auswirkungen wird die mit Metallpartikeln gespickte Oberfläche auf die 2,4-Gigahertz-Technik FASST von robbe haben, mit der der Jet ausge­­rüstet werden soll? Die ersten Informationen hierzu wurden in Modellbau-Foren gesucht. Wie so oft, ist man hier je­­doch hinterher nicht viel schlauer als vorher. Von „macht überhaupt nichts“ bis „geht gar nicht“ ist alles zu finden. Also geht die Frage an die wirklichen Fachleute. Dieter Perkuhn aus dem Kompetenzreferat Funk des DMFV nimmt mir die Zweifel und auch die Mitarbeiter der Firma robbe sehen keinerlei Probleme. Zweiarmiges Heben Vor dem Jungfernflug stehen die Bodenprüfungen mit Reichweitencheck auf dem Programm. Die Fernsteuerung T8FG wird in den Modus „eingeschränkte Leistung“ geschaltet und mit dem Auftrag, die Steuerknüppel zu bewegen, einem Modellflugkameraden in die Hand ge­­drückt. Während mein Helfer sich auf den Weg macht, stemme ich das gut neun Kilogramm schwere Modell in die Höhe und richte es immer wieder so aus, dass die insgesamt vier Antennen der beiden Empfänger komplett von den mit Metalliclack versehenen Rumpf- und Flächen­seg­menten verdeckt werden. Selbst bei knapp 100 Meter Entfernung sind keine Störungen auszumachen. Auch die anschließende Überprüfung der Umschalt­vorgänge auf dem Display der Champion RRS von PowerBox Systems geben keinerlei Anlass zur Sorge. Nachdem das Wetter besser geworden ist, hat das Warten auf den ersten Start endlich ein Ende. Die Temperaturen liegen zwar noch im einstelligen Bereich und der Wind bläst recht kräftig, aber fast in Längsrichtung zur Startbahn. Einfach nur schön Im strahlenden Sonnenschein kommt die Original­lackierung der Maschine so richtig zur Geltung – der Jet sieht einfach klasse aus. Wenn er jetzt auch noch so fliegt ... Das Anlassen der JetCat P-80SE ist aus Erfahrung mittlerweile Routine und nach dem obligatorischen Run up-Check mit angeschlossener GSU (Anzeige- und Programmier­gerät) wird die Rumpföffnung mit der Kabinenhaube verschlossen. Viper an den Pistenrand, ein letzter Ruder­check, Klappen in Startstellung und Throttle full forward. Mit ihren fast 100 Newton Schub beschleunigt die P-80SE den jetzt vollgetankten, gut elf Kilogramm schweren Jet in beeindruckender Weise. Am Ende der nur etwa 30 Meter langen Hartbahn ein leichter Zug am Höhenruder und der Jet steigt in den Himmel. Ein erstes breites Grinsen geht über das Gesicht. Dass es so easy sein würde, war vor dem ersten Take off nicht vorstellbar. Noch im Steig­flug werden die Klappen in Flugstellung gebracht, um weiter Fahrt aufzunehmen. Mit den von Thomas Höchsmann, Tomahawk Design, angegebenen Einstellungen von Schwerpunkt und Ruder­ausschlägen gelingt der Erstflug auf Anhieb. In Sicherheits­höhe wird die Turbine auf etwa 50 Prozent zurückgeregelt und die notwendigen Trimmkorrekturen vorgenommen. Aber mehr als zwei, drei Piepser auf Hoch und etwas Quer links ist nicht zu tun. Nur von einem leisen Zischen be­­gleitet, fegt nun der Viper durch den Himmel. Im Horizon­tal­flug wirkt der Jet mit dieser Drehzahleinstellung der Turbine äußerst vorbildgetreu und man kann das wunderbare Flugbild genießen. Einiges zu tun Aus den in den zurückliegenden Jahren gemachten Erfahrungen fiel die Wahl auf die Viper MK II von Tomahawk, da dieses Modell all das bietet, was das in­­zwischen erstellte Pflichtenheft verlangt: Gutes Aussehen und einem Original entsprechend. Kein hochgezüchteter Militärjet. Mit einer 80er-Turbine zu befeuern, somit in einer Gewichtsklasse zehn bis 12 Kilogramm nass. Noch leicht zu transportieren, um auch Ehefrau und Gepäck in einem Kombi mitnehmen zu können. Obwohl die Viper ein Voll-GFK-Flieger ist, müssen doch einige Stunden Bauzeit investiert werden, bevor man zu dem eingangs geschilderten Erfolgserlebnis kommt. Dies liegt jedoch weniger an dem Bausatz, denn der ist wirklich hervorragend. Vielmehr ist es das für ein Turbinen­modell notwendige Zubehör, das gut zugänglich untergebracht werden muss. Zum Lieferumfang gehören der großvolumige, stabile, sehr leichte Rumpf mit Seitenleitwerk, die beiden mit reichlich Kohle verstärkten Tragflächen, zwei Höhenleitwerks­hälften, Kabinenhaubenrahmen aus GFK, rauchfarbene Hauben, Steckungsrohre und einiges an Zubehör. In jedem Fall sollte man neben dem Tank, das passende Schubrohr sowie das gut gemachte, robuste Fahrwerk mitbestellen. Diese Teile passen exakt in die entsprechenden Aufnahmen der sehr weit vorgefertigten Großbauteile Rumpf und Tragflächen. Sämtliche Ruder sind in Elastic-Flap-Manier angeschlagen und leicht beweglich. Schub nach vorn Etwas ungläubig geht der Blick zu Anfang in den großen, noch leeren Rumpf, hin zur geplanten Position von Turbine und Schubrohrbefestigung. Eine separate Zugangsöffnung für beides sucht man vergebens, denn dies würde zusätzliche Verstärkungen notwendig machen und somit mehr Gewicht bedeuten. Also muss alles von der Kabinenöffnung her eingebaut werden. Aber keine Angst, es geht weitaus leichter als zuerst befürchtet. Thomas Höchsmann favorisiert zwar Graupners G-80, aber aufgrund des Raumangebots und der sehr guten Erfahrungen mit JetCat-Turbinen wird von mir der Einbau der P-80SE geplant. Dieses Triebwerk ist zwar etwas ­­größer, liefert dafür aber einen höheren Maximalschub bei niedrigerer Läuferdrehzahl. Die Aufnahmetraverse für die G-80 ist im Rumpf bereits einlaminiert, ebenso der Anschlag für das Schubrohr. Trotzdem ist es mit etwas Vorplanung möglich, jedes ­vergleichbare Triebwerk zu platzieren. Für JetCats P-80SE samt Schubrohr wird eine passgenaue Aufnahme aus Sperrholz mit sämtlichen Befestigungselementen hergestellt und anschließend mit der vorhandenen Aufnahme verklebt. Jetzt kann das Schubrohr eingeschoben und mit zwei M3-Inbusschrauben befestigt werden. Danach folgt die Turbine, die mit vier M5-Inbusschrauben ausreichend Halt findet. Sämtliche Anschlüsse zum Betrieb der Turbine sind vorn angebracht, also auch im eingebauten Zustand leicht zugänglich. Mehrere Versuche haben gezeigt, dass zu Wartungszwecken der Aus- beziehungsweise Einbau von Turbine und Schubrohr in weniger als fünf Minuten erledigt werden kann. Selbst der Wechsel der Glühkerze verlangt keine akrobatischen Fingerverrenkungen. Positiv ist auch, dass selbst mit der ebenfalls hinter dem Schwer­punkt eingebauten etwas schwereren JetCat-Turbine kein Gramm Blei zum Einstellen des Schwerpunkts nötig ist. Viel Kleinkram Die Installation des übrigen Equipments ist jettypisch. In der Rumpfspitze wird auf einem herausnehmbaren Träger die gesamte RC-Anlage samt Stromversorgung verstaut. Darunter, links und rechts des Bugradschachts, finden der Turbinenakku, die Fahrwerkssteuerung und der Luftbehälter ausreichend Platz. Im Cockpitbereich werden schließlich die erforderlichen Bauteile zum Betrieb der Turbine, wie ECU (Bordelektronik), Pumpe, Ventile, Filter, Tanks und so weiter, untergebracht. Möglicherweise etwas ungewohnt sind die Montage­positionen der verschiedenen Servos im Flugzeug. So ­lenken die Klappenservos die 300 × 90 Millimeter großen Landehilfen aus dem Fahrwerksschacht heraus an, sind also völlig unsichtbar. Hier kommt man um eine Ver­­längerung von Bohrer und Schraubendreher nicht herum, um die Rudermaschinen von der Flächenwurzel aus sicher befestigen zu können. Das Seitenruderservo sitzt im Rumpfrücken, unmittelbar hinter der Kabinenhaube, und lenkt über ein dünnwandiges Edelstahlrohr das kräftige Ruderblatt an. Die beiden DS 3328 zur Ansteuerung der Höhenruder sind in den jeweiligen Dämpfungsflächen untergebracht. Lediglich die Querruderservos sind in ­konventioneller Manier auf GFK-Abdeckungen montiert. Kabelsalat In einem Turbinenjet sollte eine gewisse Ordnung herrschen. Dies dient nicht nur der besseren Übersichtlichkeit, sondern erleichtert auch den Zugang zu den einzelnen Bauteilen bei Wartung und Instandsetzung. Gleiches gilt für die vielen Kabel, die aus allen Ecken der Maschine zum Empfänger und zur ECU geführt werden müssen. So ist es bei den schnellen Modellen üblich, die RC-Kabel auf der einen Rumpfseite und die Turbinen-Kabel auf der gegenüberliegenden Seite zu den Verteilerstellen zu führen. Hat man alles verstaut, ist selbst in dem großen Rumpf des Viper-Jets nicht mehr allzu viel Platz übrig. Dies ist mit ein Grund, warum gerade der Rumpf eines Modell-Jets ein gewisses Volumen haben sollte. Feintuning Lag der Rumpf bislang in einer weichen Auflage der Helling und die Tragflächen auf Luftpolsterfolie, soll die Viper MK II jetzt auf eigenen Füßen stehen. Da das Hauptfahrwerk mit einer originalgetreuen, großen Spurbreite aufwartet und nach innen einklappt, ist die Einbauhöhe durch die Profildicke begrenzt. Das im Vertrieb von Tomahawk angebotene Fahrwerk ist auf das geringe Platzangebot abgestimmt und passt einwandfrei in die vorbereiteten Aufnahmen der Tragflächen. Die jeweils drei Luftschläuche pro Fahrwerk sowie die Versorgungs­kabel der Flächenservos werden über eine kleine Verteilerstation aus den Flächenwurzeln geführt. Von hier aus erfolgt ­später die Verbindung zu den Anschlüssen im Rumpf. Der Einbau des Bugfahrwerks ist ebenfalls keine große Sache, zumal hier weitaus geringere Kräfte bei Start und Landung einwirken, als dies bei dem Hauptfahrwerk der Fall ist. Das lenkbare, gefederte Fahrwerk ist eine etwas leichtere Konstruktion von Behotec und klappt nach ­hinten ein. Der Fahrwerksschacht erhält eine dünne Balsa­verkleidung, damit beim Einsatz auf Graspisten kein Dreck in den Rumpf befördert wird. Als letzter Arbeitsschritt erfolgt die Anpassung und sorgfältige Verklebung der Verglasung. Denn wie sich bei den anschließenden Turbinenläufen zeigt, benötigt so ein Trieb­werk unter Volllast eine Menge Luft, sodass die Kabinen­haube dem entstehenden Unterdruck gewachsen sein muss. Jet-Feeling Mit eingeklappten Fahrwerksbeinen werden die Tragflächenhälften und das Höhenleitwerk in die gut gemachten Flächenschutztaschen von pull-over-products eingeschoben und das große Seitenleitwerk für den Trans­port ebenfalls mit einer schützenden Umhüllung versehen. Danach wird gemäß Seite Eins der selbst erstellten Check­liste der Kombi beladen. Für die Montage des Jets auf dem Fluggelände hat sich ein modifizierter Sägebock bestens bewährt. Hiermit ist das Aufrüsten ein Kinderspiel und die notwendige Vorflug­kontrolle einschließlich der Fahrwerksprüfungen gemäß Seite Zwei der Checkliste kann bequem in Arbeitshöhe durchgeführt werden. Erst wenn alle Punkte mit okay abgehakt sind und auch bei Volllast die Turbinenwerte stimmen, geht die Maschine in die Luft. An die Flugcharakteristik der Viper hat man sich sehr schnell gewöhnt, da sie als äußerst angenehm einzustufen ist. Somit ist es ein Leichtes, bereits nach kurzer Zeit die ersten Kunstflugmanöver auszuprobieren. Rollen, ob schnell oder langsam geflogen, große Loopings, Rückenflug, Auf- und Abschwünge und so weiter – alles, was das große Flugbild an Figuren an den Himmel zaubern kann, ist auch mit der kleinen Version der Viper MK II möglich – und zwar ohne Stress. Wieder zurück Gehört Starten und Fliegen eines Jets eher zu den leichten Aufgaben, so erfordern die Landung und alles, was dazu gehört, doch etwas mehr Aufmerksamkeit. Das Fahrwerk ist draußen, die Turbine arbeitet mit etwa dreißig Prozent und die Klappen werden langsam nach unten gefahren. Mit der bereits zu Hause vorgenommenen Tiefen­ruder­beimischung nimmt die Viper ihre Nase leicht nach unten. Im Queranflug noch etwas weniger Leistung für den ersten Probeanflug. Das Modell lässt sich auch in dieser Phase sehr feinfühlig steuern, ist aber trotz der weit gefahrenen Klappen noch recht flott. Also Go around-Manöver. Turbine auf Vollgas, die Klappen langsam zurück in Startstellung und es geht wieder aufwärts. Während zweier weiterer Anflüge taste ich mich langsam an eine adäquate Anflug­geschwindigkeit heran. Im Endanflug Turbine auf Leerlauf und anschweben. Einige Meter vor dem Beginn der Landebahn wird die Nase weiter nach oben genommen – und der jetzt um etwa zwei Liter Kerosin erleichterte Jet schwebt quasi über die Piste, um erst am Ende der Hart­bahn weich im Gras aufzusetzen. Ohne Springen. Beim ersten Bodenkontakt des Hauptfahrwerks geht die Nase runter und das Modell rollt mit gesetzten Bremsen auf allen drei Rädern aus. Freude über den gelungenen Erstflug macht sich breit und in zurückhaltender, emsländischer Manier kommt von einem anwesenden Modellflug­­kameraden der Kommentar: „wirklich sehr schön!“ Bilanz Tomahawks Viper MK II ist mit eine Spannweite von zwei Meter, dem großvolumigen Rumpf und den sehr guten Flugeigenschaften ein Modelljet, der nicht nur für den fortgeschrittenen Jet-Piloten interessant ist. Ausgerüstet mit einer 80er-Turbine geht die Maschine je nach Ausrüstung vollgetankt mit etwa elf Kilogramm an den Start und ist damit auch auf gepflegten Graspisten einsetzbar. Durch die großen, wirkungsvollen Landeklappen in Verbindung mit dem robusten Fahrwerk gelingen Landungen mühelos.