Elektronische Fluglagestabilisierung

Versuche, dem Modellpiloten elektronisch unter die Arme zu greifen und stabilisierend auf die Fluglage einzuwirken, hat es bereits früher gegeben. Ein neuer Anlauf der Entwickler ist das Feiyu Tech FY-20A von GlobeFlight. Ein Test soll zeigen, was das System kann. Genauso wie beim Automobil nimmt auch in der Modellfliegerei der Einsatz von elektronischen Helferlein immer mehr zu. Helis fliegen dank V-Stabi paddellos, Quadrokopter werden mit Beschleunigungs- und Lagesensoren ausgerüstet und auch für die Flächenflieger gibt es mittlerweise den virtuellen Co-Piloten. Dessen Qualität hängt nicht unwesentlich von seinem physikalischen Arbeitsprinzip ab. Der FY-20A von Feiyu Tech erfasst die Bewegung des Flugmodells über Beschleu­nigungs- und Lagesensoren für alle drei Achsen. Dieser Ansatz kommt auch bei vielen Quadrokoptern zum Einsatz, wo er zu einer brauchbaren Stabilisierung führt. Man darf also gespannt sein. Saubere Sache Öffnet man die Verpackung, so wird man schon zu Beginn angenehm überrascht. Das Modul selber besteht aus einer sauber gearbeiteten Box aus halbtransparentem Kunststoff und das zahlreiche Zubehör ist sauber in verschiedenen Schächtelchen verpackt. Zu erwähnen ist auch die beiliegende hervorragende Übersetzung der Anleitung ins Deutsche durch GlobeFlight. Die Montage des Moduls erfolgt auf der beiliegenden, schwingungsgedämpften Plattform oder alternativ auf ebenfalls mitgelieferten, sehr weichen Moosgummi-Klebepads. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Vibrationen des Antriebs nur in möglichst geringem Ausmaß auf das Modul übertragen werden und nicht die Stabilisierung stören. Der Anschluss der Box ist schnell bewerkstelligt: Sie wird zwischen dem Empfänger und den Servos eingeschleift. Die notwendigen Servo-Verbindungskabel zwischen Empfänger und Box liegen bei. Bei der Montage fällt auf, dass es nur einen Ausgang für die Querruder gibt. Man kann sich jedoch leicht mit einem kurzerhand selbst konfektionierten Y-Kabel behelfen. Querruderdifferenzierung oder die Benutzung der Querruder als Landeklappen ist so natürlich nicht mehr möglich. Für den Betrieb wird ein zusätzlicher freier Kanal mit einem Dreistufenschalter beziehungsweise ersatzweise mit einem Zweistufen­schalter benötigt. Über diesen ist es später möglich, die Stabilisierung an- und abzuschalten, beziehungsweise bei einem Dreistufenschalter den Stabilisierungsmodus zu wählen. Nach Einbau erfolgt die erste Grobkalibrierung mithilfe dreier Mikropotenziometer. Über diese kann getrennt für Querruder, Höhen- und Seitenruder die Richtung und die Stärke der Steuerausschläge eingestellt werden. Modelle mit Quer-/Höhenrudermischung (beispielsweise Delta, Nurflügler) können ebenso eingesetzt werden. Diesen Modus aktiviert man durch das Setzen einer Steckbrücke. Eine Seiten-/Höhenruder-Mischung (beispielsweise V-Leitwerk) wird nicht direkt unterstützt. Dazu benötigt man ein zusätzliches Mischermodul benötigt. Das Funktionsprinzip Das Modul erkennt über seine Sensoren die Lage des Modells. Rollt man also das Modell nach rechts, reagiert das Modul mit Querruderausschlägen, um das Modell wieder zurückzudrehen. Bei Nickbewegungen kompensiert das Höhenruder. Das Seitenruder scheint nur auf Beschleu­nigungskräfte zu reagieren, um beispielsweise einer Böe stabilisierend entgegenzuwirken. Bei ersten Trockentests am Boden klappte diese Regelung auch überzeugend. Dabei fiel jedoch Folgendes auf: Liegt das Modell um 90 Grad auf die Seite gerollt und weist die Flugzeugnase nach unten, interpretiert dies das Modul so, dass es Querruder zugeben muss und gleichzeitig Höhenruder. Dass nicht erst um die Längsachse zurückgerollt und dann die Flug­zeugnase aufgerichtet wird, lässt für die Flugerprobung einen Schlingerkurs bei der Ausrichtung vermuten. Davon ist – wie sich später zeigt – im Flug jedoch nichts zu sehen. Das Modul bietet insgesamt drei Betriebsmodi an, die durch den Dreistufenschalter an der Fernbedienung ausgewählt werden. Modus Eins schaltet die Lageregelung vollkommen aus. In Modus Zwei versucht das Modul, auf eine horizontale Fluglage einzuregeln. Modus Drei ist für den Kunst­flug vorgesehen und stabilisiert die aktuelle Fluglage. Testflug Die Erprobung erfolgt auf einem Acker mit genügend Platz, damit sich die Stabilisierung ausreichend entfalten kann. Das Testmodell ist eine Extra 260 von Staufenbiel die zwei Querruderservos besitzt, der Anschluss erfolgt über ein Y-Kabel. Im Sender muss zudem ein neues Modellprofil angelegt werden, wo alle Mischer, insbesondere die Querrudermischung, entfernt sind. Gestartet wird in Modus Eins, also mit deaktivierter Lageregelung, um auf sichere Flughöhe zu gelangen und eine Feintrimmung vorzunehmen. Lässt man anschließend die Steuerknüppel los, legt den Schalter um und aktiviert so die Fluglageregelung, so liegt das Modell augenblicklich und stabil in einer horizontalen Lage. Auch aus Fluglagen mit größerer Steig- oder Sinkrate erfolgt die Einregelung umgehend und sehr direkt. Überraschend ist, dass schon mit der ersten Konfiguration der Regelstärke keinerlei Oszillationen um die Achsen auftreten. Schalter umgelegt – ein kleiner Ruck – das Modell ist ausgerichtet. Wie stark und abrupt die Regelung erfolgt, kann mit Hilfe der Potenziometer eingestellt werden – doch ist die empfohlene Grundeinstellung schon sehr gut zu gebrauchen. Behält man nun die Stabilisierung der Horizontallage eingeschaltet, merkt man schnell, dass das Modul die Agilität im aktiv gesteuerten Flug deutlich beeinflusst. Die Extra 260 ist eigentlich ein sehr wendiges Modell. Jetzt hat man jedoch das Gefühl, die Steuerflächen wären mit Kau­gummi verklebt. Die Wendekreise nehmen extrem zu und jede Flugbewegung erfordert fast maximale Steuerbewegungen am Sender, die – wäre das Modul ausgeschaltet – schon längst zu heftigen Rollbewegungen um die entsprechende Achse geführt hätten. Aus diesem Grund sollte man sich hüten, während einer solchen Steuerbewegung die Lage­stabilisierung auszuschalten, womit das Modell augenblicklich seine alte Agilität zurückerhalten würde. Besser ist es, umzuschalten, während der Steuerstick in der Neutrallage steht. Insgesamt überschreiben die manuellen Steuereingaben des Piloten außerhalb der Neutralpunkte der Steuerknüppel die automatischen Reglerbefehle deutlich zu wenig, um dynamisch fliegen zu können. Hier sollte der Hersteller noch etwas nachbessern, um zwischen den Situationen „Stick in Neutralposition“ und „Aktive Steuereingaben“ besser zu unterscheiden. Bei Quadro­koptern klappt dies hervorragend. Überhaupt sollte man sich bei beengten Lokalitäten immer bewusst sein, ob die Lageregelung eingeschaltet ist. Denn schließlich versucht das System auch während des Starts die Flugzeugnase immer schön gerade nach vorne auszurichten, was jedoch beim Startvorgang außerordentlich hinderlich sein kann. Das Fliegen mit Autopilot hat auch seine witzigen Seiten. Betätigt man bei straffer Regelung kurzzeitig das Höhenruder, „springt“ das Modell auf eine höhere beziehungsweise niedrigere horizontale Flugbahn und wird dort sofort wieder ausgeregelt. Landen mit diesem System ist grundsätzlich auch möglich und es kann so beispielsweise verlässlich ein unbeabsichtigtes Rollen um die Längsachse unterbunden werden. 3D-Kunstflug mit Autopilot Im Modus Drei verspricht das FY-20A den Kunstflug zu unterstützen, indem die aktuelle Fluglage für zirka zehn Sekunden gehalten wird. Die als Testmodell verwendete Extra ist recht gut ausgetrimmt, sodass ohnehin die Fluglage relativ stabil beibehalten wird. Insofern zeigte sich im Test kein besonderer Zusatznutzen. Eine Fluglage, wo eine elektronische Unterstützung Sinn machen würde, ist die Messerfluglage, da hier der Pilot mit dem Seitenruder stützen muss. Diese Aufgabe schaffte das Modul im Test jedoch nicht. Zwar wurde die 90° Seitenlage beibehalten (was das Modell aber auch ohne das Modul schafft), während der Höhen­verlust nicht automatisch durch das Seitenruder kompensiert wurde. Vor dem Hintergrund der vergrößerten Trägheit erschließt sich die Notwendigkeit des 3D-Modus also nur bedingt. Anzumerken ist jedoch, dass im 3D-Modus der Träg­heitszuwachs nur vergleichsweise gering ausfällt, verglichen mit der horizontalen Stabilisierung. Deutlich mehr Sinn macht der Einsatz des horizontalen Stabi­lisierungsmodus. Gerade für FPV-Piloten kann der Einsatz interessant sein, wenn automatisch eine stabile Fluglage gehalten wird. Aber auch hier sollte man immer im Hinterkopf haben, dass das so geregelte Modell deutlich mehr Platz zum Manövrieren benötigt. Einsatzgebiete Das FY-20A ist insbesondere für fortgeschrittenen Piloten interessant – sein Flugmodell sollte man schon vor dem Einsatz des Stabilisierungsmoduls gut beherrschen. Besonders sinnvoll erscheint der Einsatz beim FPV-Flug, um beispielsweise nervöse Modelle zu bändigen und sich ganz auf die Aussicht zu konzentrieren. Interessant könnte vielleicht auch der Einsatz beim sowieso eher ruhigeren Thermiksegeln sein. Insgesamt bietet das Stabili­sierungs­modul einen zwar nicht unbedingt notwendigen, aber dennoch sehr interessanten Funktionsumfang. Bei GlobeFlight sind zudem Schwestermodule mit „Return-to-home“-Funktion beziehungsweise mit OSD-Funktionalität angekündigt. Man darf gespannt sein.